In der Sitzung des Hauptausschusses am Montag stand die Entscheidung an: Sollen zwei Linden an der St. Martin-Kirche in Raesfeld für das geplante Martinus Haus gefällt werden oder nicht?
Gegen die Stimmen von SPD, FDP, Bündnis90/Die Grünen und UWG wurde im Hauptausschuss mit einer Mehrheit von 6:4 Stimmen beschlossen, die zwei Linden an der St. Martin-Kirche zu fällen. Diese Entscheidung folgt nach einer intensiven Diskussion im letzten Bau- und Umweltausschuss und nach der Hauptausschusssitzung am Montag.
Hintergründe des Antrags
Vorausgegangen war ein Antrag der Katholischen Kirchengemeinde St. Martin, zwei Linden am Kirchenplatz zu fällen. Der Grund dafür sei, dass die beiden Bäume die angrenzenden Baumaßnahmen nicht überleben würden bzw. auch künftig sehr nah am neu entstehenden Gebäude stehen würden. Daher liege ein öffentlich-rechtliches Interesse an der Beseitigung der Bäume vor.

Tatsächlich befinden sich die beiden etwa 20 Jahre alten Linden in unmittelbarer Nähe des neuen Gebäudes, mit Distanzen von lediglich 1,60 Metern bzw. 3,30 Metern. Die Verwaltung schätzt, dass die Bäume die bevorstehenden Bauarbeiten nicht überstehen würden. Zusätzlich ist vorgesehen, an dem Standort der Bäume eine Terrasse als Teil des neuen Hauses zu errichten.
Differenzierte Meinungen der Ausschussmitglieder
Die Entscheidung führte bereits in der letzten Sitzung am vergangenem Montag zu heftiger Kritik von verschiedenen Ausschussmitgliedern. So sprach sich Christian Becker (FDP) für den Erhalt der Bäume aus. Josef Spangemacher von Bündnis 90/Die Grünen äußerte, dass bereits vor Weihnachten ein Baum gefällt wurde. Nach Angaben der Verwaltung sei eine Fällung aus Sicherheitsgründen, in Absprache mit der Bauverwaltung notwendig gewesen, da ein Sturm kurz vor Weihnachten dafür gesorgt habe, dass sich der Baum stark zur Kirche geneigt hat und drohte, auf den Eingangsbereich des Seitenganges der Kirche zu fallen.
Klaus Rybarczyk (SPD) bezweifelte, ob die zwei Linden wirklich den Bauarbeiten nicht standhalten können und kritisierte die mangelnde Berücksichtigung der Bäume in der Planungsphase.

Erneute heftige Debatte im Hauptausschuss
In der Sitzung des Hauptausschusses am Montag herrschte eine intensive Debatte über das Schicksal der Linden: Sollten sie gefällt werden oder nicht? Nach Ansicht der Verwaltung gäbe es zur Entfernung der Bäume keine Alternative. Eine Neuplanung des Martinus Hauses, um es schmaler zu gestalten, sei für die Kirchengemeinde und die Architekten nicht zumutbar, insbesondere insbesondere wegen der hohen Kosten des Projektes und der räumlichen Einschränkungen durch die Bäume. Zudem wurde argumentiert, dass ein Erhalt der Bäume und der gleichzeitige Bau des Gebäudes keinen Sinn mache, da die Linden bereits eine Kronenbreite von etwa fünf Metern aufweisen. Diese könnten in den kommenden Jahren in das zweigeschossige Gebäude hineinwachsen.

Diverse Perspektiven und Kritikpunkte
Henry Tünte, Fraktionsvorsitzender der Grünen, vertritt die Ansicht, dass es möglich wäre, die betreffenden Bäume zu beschneiden, „auch wenn sie dann nicht mehr so schön aussehen“. Er hebt hervor, dass die Bäume in Anbetracht des Klimawandels und zunehmender Hitzeperioden durch ihren Schatten einen kühlenden Effekt und eine verbesserte Aufenthaltsqualität bieten würden, was nicht nur aus ökologischer Perspektive, sondern auch für die Vogelwelt und das Dorfklima von Bedeutung sei. „Bis so ein Baum eine solche Größe erreicht, dauert es eine Weile. Bäume, die 30-40 Jahre alt sind, lassen sich nicht so einfach ersetzen“, betont Tünte und spricht sich entschieden dafür aus, dass die Linden erhalten bleiben sollten. Er bezweifelt zudem, dass die Baumaßnahmen gefährdet wären, wenn die Bäume stehen bleiben, und äußert den Wunsch, dass in Zukunft Entscheidungen dieser Art nicht so leichtfertig getroffen werden.

In Bezug auf die Fällung einer Linde vor Weihnachten am 21.12.2024 fügt er hinzu, dass diese Linde schon immer eine Schräglage aufwies und er keinen Bedarf sehe, dass diese nun gefällt wurde. Bürgermeister Martin Tesing entgegnet darauf: „Der Baum hat nicht immer so gestanden, sondern war zuvor durch das bestehende Gebäude windgeschützt. Durch den Sturm drohte er umzufallen“.
Abrissarbeiten überstanden
Elke Rybarczyk von der SPD sprach sich gegen die Fällung der Bäume aus und stellte die Frage, weshalb es den Architekten nicht bereits früher aufgefallen sei, dass die Bäume in unmittelbarer Nähe des Gebäudes stehen. Sie verwies auf das Beispiel der Baumaßnahmen am neuen Drogerie-Markt, wo das Gebäude um einen bestehenden Baum herum konzipiert wurde. Hinsichtlich der Argumentation, die Bäume könnten die Baumaßnahmen eventuell nicht überstehen, betonte Rybarczyk, dass die Bäume bislang alle Abrissarbeiten, die vermutlich gravierender waren, überstanden haben.
Weitreichenden Beschränkung ist unverhältnismäßig
Hans-Dieter Strothmann von der CDU hob hervor, dass das Fällen eines Baumes stets einen erheblichen Verlust darstelle. Dennoch vertrat er die Ansicht, dass die Kirchengemeinde in ihrer Rolle als Bauherr nicht anders behandelt werden sollte als ein privater Bürger, der für eine Baumaßnahme eine Baumfällung auf seinem Grundstück plausibel begründet. „In solchen Fällen würden wir normalerweise auch eine Ausnahmegenehmigung erteilen“, erklärte Strothmann. Er unterstrich zudem, dass die Gemeinde in den vergangenen Monaten über 500 neue Bäume gepflanzt habe und fand deutliche Worte zur Forderung, den Baukörper wegen der Bäume zu verändern: „Diesen Fall jetzt mit einer derart weitreichenden Beschränkung zu versehen, erscheint mir unverhältnismäßig“, so Strothmann.
Bäume waren vor der Planung vorhanden
Petra Nagel von der UWG machte darauf aufmerksam, dass die Bäume bereits vor Beginn der Planung vorhanden waren und betonte, dass die Abstände zu den Bäumen von Anfang an in der Planung hätten berücksichtigt werden müssen, um den vorhandenen Baumbestand zu erhalten. „Unser Wunsch wäre es gewesen, dass die Bäume erhalten bleiben, daher stimmen wir gegen den Beschluss“, äußerte Nagel. Darüber hinaus sprach sie sich dafür aus, dass im Falle einer Fällung entsprechende Ersatzpflanzungen vorgenommen werden sollten.
Christoph Stephan von der FDP äußerte Unverständnis darüber, warum ein Baum nun Gegenstand der Diskussion sei. „Wir streben nicht danach, als große Baumretter zu gelten, aber es sollte eine gründliche Überlegung vor der Erteilung einer Baugenehmigung stattfinden. Dem aktuellen Vorschlag können wir nicht zustimmen“, erklärte Stephan.
Karl-Heinz Tünte von der CDU hob hervor, dass das Martinus Haus nicht nur eine kirchliche Bedeutung habe, sondern auch ein Projekt von gemeinschaftlicher und allgemeiner Wichtigkeit für die Bürger sei. „Alle erwarten mit Spannung die Fertigstellung des Gebäudes“, so Tünte.
Die Kirchengemeinde hat sich bereit erklärt, in Absprache mit der Gemeindeverwaltung, entsprechende Ersatzpflanzungen vorzunehmen.
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