Ärztinnen, Hebammen und Heilpraktikerinnen nahmen an Fortbildung des Runden Tisches „GewAlternativen“ teil
Kreis Borken (pd). „Medizinerinnen und Mediziner haben eine Schlüsselrolle beim Erkennen von Opfern häuslicher Gewalt“, betonte Marion Steffens, Geschäftsführerin des GESINE Netzwerks Gesundheit EN, und Co-Leiterin des Kompetenzzentrums Frauen und Gesundheit NRW, jetzt im Rahmen einer Fortbildung, die die Arbeitsgruppe Gesundheit des Runden Tisches gegen häusliche Gewalt, GewAlternativen, organisiert hatte. Zum Thema „Häusliche Gewalt in der ärztlichen Praxis trauma- und gewaltsensibel ansprechen und adäquat agieren“ waren interessierte Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische und Pflege-Fachkäfte eingeladen.
Ärztinnen und Ärzte müssten lernen, die Spuren von Gewalteinwirkung richtig zu erkennen und zu deuten, so die Referentin. Häufig würden die Opfer ihre Gewalterfahrung aus Angst oder Scham verschleiern. Besonders schwerwiegend seien die psychischen und psychosomatischen Folgen von häuslicher Gewalt. Meist seien es nicht äußere Verletzungsfolgen, die die Opfer zum Arzt führten, sondern unerklärliche psychosomatische Beschwerden.
Dies seien Schmerzen ohne erkennbare medizinische Ursache, aber auch Depressionen oder Schlafstörungen. Die Betroffenen zeigten häufig auch alle Symptome posttraumatischer Belastungsstörungen. Nicht selten würden Medikamente gegen depressive Stimmungen verschrieben, die Ursache sei damit aber nicht behoben.
Vermute der Arzt, dass eine Patientin häusliche Gewalt erlebt habe, solle er diese behutsam darauf ansprechen. Menschen mit Gewalterfahrung würden es häufig als Erleichterung empfinden, wenn ihre Ärztin oder ihr Arzt in ungestörter Atmosphäre die Initiative ergreife und sensibel auf eine Gewaltbelastung zu sprechen komme, sagte die Referentin. Wesentlich dabei sei, die Patientin nicht zu drängen.
Verneine die Patientin offensichtliche Gewalterfahrungen, sollten Ärztinnen und Ärzte noch einmal ihre Sorge zum Ausdruck bringen und das Gesprächsangebot aufrechterhalten. Insgesamt sei es ausgesprochen wichtig, dass die Betroffenen Menschen hätten, mit denen sie vertrauensvoll über das Erlebte sprechen könnten. Ärztinnen und Ärzte hätten hierbei eine Schlüsselrolle, da sie aufgrund ihrer Profession als Vertrauenspersonen gelten würden. Die „ärztliche Schweigepflicht“ spiele hierbei eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Um den Opfern effektiv zu helfen, sich aus der Gewaltspirale zu befreien, sollten Kontakte zu weitergehenden Hilfen wie etwa psychosozialen Beratungsstellen, Frauenberatungsstellen oder Therapeutinnen und Therapeuten, hergestellt werden. Hier sei eine Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Professionen unerlässlich. „Wichtig ist, dass Sie das Tor öffnen, durchgehen müssen die Frauen alleine“, fasste die Referentin am Ende des Tages ihre Ausführungen zusammen.