K.H. Tünte – Verabschiedung als CDU-Fraktionsvorsitzender am 10. Februar 2019
Ich bin überrascht und gleichzeitig tief berührt, heute so viele Gäste und Wegbegleiter zu sehen und sprechen zu können.
Jetzt ist es soweit, nach mehr als 34 Jahren habe ich mich nach Abstimmung innerhalb der Fraktion und mit dem Gemeindeverband Raesfeld-Erle entschieden, mein Amt als Fraktionsvorsitzender zur Verfügung zu stellen.

In der Zwischenzeit hat die CDU-Fraktion gewählt. Über das Ergebnis wird Sarah als CDU-Gemeinde-Verbandsvorsitzende heute informieren.
Nach so vielen Jahren aktiver Arbeit in der Kommunalpolitik und als Vorsitzender der Mehrheits-fraktion im Rat der Gemeinde Raesfeld gehen mir viele Gedanken durch den Kopf
- Was bedeutet meine Entscheidung für die Gemeinde, für die Fraktion, für die CDU, für mich und für meine Familie?
- Wie geht es angesichts vieler bedeutender Fragen rund um wichtige Fragen wie z.B. das Thema Dorfentwicklung weiter?
- Wie geht es innerhalb des CDU-Gemeindeverbandes und in der Fraktion weiter?
Ich habe mich so entschieden,
- Weil niemand glauben soll, dass er unersetzlich ist
- Weil ich davon überzeugt bin, dass meine Entscheidung richtig ist
- Weil ich glaube, dass meine Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt kommt
Ich glaube sagen zu dürfen, dass ich meine Aufgabe über die gesamte Zeit mit Freude, Engagement, Fleiß, hoher Identifikation mit den Anliegen der Gemeinde und insgesamt mit Erfolg für die CDU und besonders für die Gemeinde Raesfeld wahrgenommen habe. Ich war immer ein politisch aber selten ein parteipolitisch denkender Mensch.
Bei meiner Arbeit habe ich über all` die Jahre sehr gute Unterstützer gehabt und gefunden, die mir meine Arbeit erleichtert, die mich getragen, die mir vertraut haben.
Meine politische Laufbahn hat 1973 mit dem Eintritt in die CDU Raesfeld begonnen. Zu dieser Zeit hatten wir eine agile und aktive Junge Union.
Im Gemeinderat bin ich seit 1975. Damals wurde ich als Kandidat der Jungen Union über die Reserveliste Ratsmitglied, ab 1979 dann als Direktkandidat in verschiedenen Wahlbezirken.
Besonders die Anfangsjahre waren vor dem Hintergrund der anstehenden kommunalen Neugliederung hoch interessant und spannend. Es war eine Zeit, in der grundlegende Weichen für die Entwicklung unserer Gemeinde in Selbständigkeit gestellt wurden.
Einige Meilensteine, die die Politik der CDU von 1975 bis heute bestimmt haben, möchte ich gerne im Rückblick nennen
- die Selbständigkeit der Gemeinde. Diese konnte nur durch den freiwilligen Beitritt der damals selbständigen Gemeinde Homer 1969 und danach 1975 mit der Entscheidung, dass Erle zu Raesfeld kam, erreicht werden.
- Aufbau der eigenen Verwaltung mit der Wahl des ersten Gemeindedirektors Udo Rößing
- Die anfangs sehr umstrittene Entscheidung zum Bau eines neuen Rathauses
- Kontinuierlicher Auf- und Ausbau der Infrastruktur, besonders in Erle, wo damals deutlicher Nachholbedarf bestand
- Ausweisung und Erschließung von Wohn- und Gewerbeflächen – Einstieg in ein Raesfelder Modell zur Vergabe von Baugrundstücken am Beispiel Burgesch – später Modifizierung des Einheimischen-Modells
- Erweiterung der Schulen in Raesfeld und Erle – Anpassung der Schulformen mit dem großen Ziel, auf jeden Fall eine weiterführende Schule am Ort zu behalten bis zur heutigen Kooperation mit der Stadt Borken und der Julia-Koppers-Gesamtschule
- Kontinuierliche Weiterentwicklung der Sport-, Freizeit- und Spielplatzflächen
- Städtebaulicher Rahmenplan mit der Ortskerngestaltung rund um das neue Rathaus und dem sog. neuen Ortskern
- Versorgung der Gemeinde mit Gas und Wasser
- Gründung des Jugendwerkes, dessen Gründungsvorsitzender ich war, mit Schaffung von Jugendeinrichtungen
- Förderung Vereine und breit angelegte Förderung der ehrenamtlichen Arbeit
- Beteiligung bei der Gründung des Bildungswerkes und der öffentlichen Bücherei
- Bau des Naturparkhauses
- Verlagerung des Feuerwehrgerätehauses
- Kauf des NATO-Geländes mit Potenzial für günstigen Wohnungsbau
- Bau der Umgehungsstraße
- Bau des Seniorenhauses und der Häuser für betreutes Wohnen in beiden Ortsteilen
- Partnerschaft mit den Gemeinden Wehl, Dömitz und Kobiercyke
- Ausbau Glasfaser im Innen- und Außenbereich, der 2019 zu einer Vollversorgung der Gemeinde führen wird.
- Pilotprojekt mit dem Bau der 380-kv-Leitung durch die Fa. Amprion
- Wechsel in der Verwaltungsleitung – Ausscheiden von Udo Rößing, Neuwahl von Andreas Grotendorst, der vorher als 1. Beigeordneter nach Raesfeld gekommen war. Neuwahl von Martin Tesing als 1. Beigeordneter
- Einleitung des Prozesses der Dorfentwicklung
- Schuldenfreiheit über mehr als 20 Jahre – zunächst als einzige Gemeinde in NRW
Das alles und vieles mehr haben wir, hat die CDU-Fraktion im engen Kontakt mit dem CDU-Gemein-deverband auf den Weg gebracht, entschieden und öffentlich, oft auch gegen Widerstände in der Gemeinde um- und durchgesetzt.
Es hat in dieser Zeit auch einige umstrittene Entscheidungen gegeben, die der CDU nicht immer gut getan haben, aber das gehört wohl auch zum „Geschäft“ wie man so schön sagt.
Nicht immer sind Probleme zu vermeiden. Sie ergeben sich meistens dann, wenn Entscheidungen nicht transparent sind oder nicht nachvollziehbar erklärt werden können, häufig z.B., wenn es um Grundstücksangelegenheiten geht.
Die Aufzählung macht deutlich, dass sich über die Jahre in Raesfeld und Erle viel getan hat. Das meiste ist gut gelungen und findet die Anerkennung der Bürger, sonst hätte die CDU als stärkste Partei bei den Wahlen die nach wie vor erfreulich hohen Stimmenanteile nicht geholt.
Wir haben, wie ich meine, alle zusammen das Glück der Tüchtigen auf unserer Seite gehabt und für unsere Gemeinde viel erreicht, so dass sie sich im Umfeld gut behaupten kann.
Vieleswar aus meiner Sicht nur möglich, weil die CDU-Gemeindeverband und CDU-Fraktion zusammengehalten hat, eine Einheit gebildet hat, engagierte Leute gefunden hat, die bereit sind, sich für die Fraktion, für die CDU und vor allen Dingen für die Gemeinde einzusetzen und in der Gemeinde anerkannt sind.
Vieles war nach meiner Überzeugung nur möglich, weil wir stets engen Kontakt zur Verwaltung, besonders zur Verwaltungsspitze, gepflegt und gehalten haben. Nur der, dem es gelingt, Vertrauen aufzubauen, zu halten und immer wieder daran arbeitet, Vertrauen zu rechtfertigen, findet eine gute Basis für eine gute und nachhaltige Zusammenarbeit. Dieses Vertrauen hat für die CDU und in der Zusammenarbeit mit der Verwaltung über Jahre umfassendere Informationen gebracht, als alle anderen sie hatten.
Nur, wer gut informiert ist, kann auch fundierte und nachvollziehbare Entscheidungen treffen. Dazu hat die Verwaltung, angefangen mit Udo Rößing und Franz Büsken und mit den damals ehrenamtlichen Bürgermeistern Johannes Paß, Reinhard Kipp, Maria Honvehlmann, später mit Udo Rößing als hauptamtlichem Bürgermeister und seinem Stellvertreter in der Verwaltung Winfried Grömping sowie den stellvertretenden Bürgermeistern der CDU Alfons Rößmann, Friedel Sebastian, Hans-Dieter Strothmann, Inge Lütten über Jahre gute Arbeit geleistet.
Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass dieser Weg, den die CDU-Fraktion mit der Verwaltung gegangen ist, an vielen Stellen in der Gemeinde sichtbar geworden ist und dass die Fortsetzung dieser Zusammenarbeit auch für die Zukunft tragen wird. Sie darf nicht auf`s Spiel gesetzt werden.
Ich möchte nicht aus diesem Amt scheiden, ohne allen, die mich in dieser Zeit seit 1984 unterstützt haben, zu danken.
An erster Stelle danke ich meiner Frau und meiner Familie, die die Belastung über diese lange Zeit mitgetragen hat. Besonders ohne das große Verständnis meiner Frau wäre das alles so nicht gegangen.
Ich danke dem ehemaligen Bürgermeister Reinhard Kipp, der mir 1984 gemeinsam mit der damaligen Fraktion das Vertrauen ausgesprochen hat und über die Jahre vielen anderen Fraktionsmitgliedern, die mir vertraut haben.
Hervorheben möchte ich besonders die Mitstreiter, die mich am längsten begleitet haben, die langjährigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, Hans-Dieter Strothmann, Bernhard Bölker und Wilfried Theis, auf die ich mich immer verlassen konnte und Jochen Welsing sowie meiner Fraktionsgeschäftsführerin Inge Lütten, die mir viele organisatorische Dinge abgenommen hat.
Dank gilt aber auch allen anderen Fraktionsmitgliedern in dieser Zeit und aktuelle Mitglieder der Fraktion für gute Arbeit, für Vertrauen, für Entgegenkommen, für sachliche Kritik und freundschaftliche Verbundenheit.
Besonders danke ich auch unserem heutigen Ehrenbürgermeister Udo Rößing, mit dem ich viele, viele Jahre, nämlich von seiner Wahl zum 1. Gemeindedirektor bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt vertrauensvoll zusammenarbeiten durfte.
Herzlich danken möchte ich auch unserem jetzigen Bürgermeister Andreas Grotendorst, mit dem ich die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit bis heute nahtlos fortsetzen konnte.
In diesen Dank möchte ich ausdrücklich unseren Beigeordneten Martin Tesing einbeziehen, der mich in vielen Fragen immer wieder unterstützt hat und sich jederzeit ansprechbar und hilfsbereit gezeigt hat. Besonders angenehm und persönlich beeindruckend war für mich die Art der Zusammenarbeit mit allen genannten Personen.
In diesen Dank möchte ich ausdrücklich auch die Mitarbeiter der Verwaltung, besonders die Vorzimmerdamen im Bürgermeisterbüro, einbeziehen. Danken und Gedenken sollten wir auch allen, die nicht mehr unter uns sind. Stellvertretend möchte ich zwei starke Frauen namentlich nennen: Maria Honvehlmann und Marie-Theres Heselhaus, zwei hoffnungsvolle Talente, die viel zu früh von uns gehen mussten.
Die Arbeit in der Fraktion selbst war vielfältig, interessant, herausfordernd, spannend, freundschaftlich, von gegenseitigem Respekt getragen, in der Sache durchaus kontrovers und längst nicht immer einhellig, auch, wenn das von Außenstehenden häufig so wahrgenommen wurde.
Über die intensive Zusammenarbeit sind freundschaftliche Verbindungen untereinander entstanden, die ich nicht missen möchte und die ich gerne weiter pflegen möchte. Danke an alle, die dazu beigetragen haben und mir, oft über viele Jahre ihr Vertrauen geschenkt, ihre Unterstützung gegeben und ihre Loyalität bewiesen haben.
In der Sache unterschiedlicher Meinung zu sein, zeichnet eine lebendige Gemeinschaft und Gemein-de aus. Das gehört für mich zu einer lebendigen Demokratie, wie wir sie nach meinem Eindruck in Raesfeld überwiegend gelebt haben.
Den Dank an die Vertreter der Presse möchte ich heute noch einmal wiederholen.
Mein persönliches Fazit –
Einigkeit macht stark. Kleinliche Auseinandersetzungen um öffentlicher Wirkungen willen, sind überflüssig wie ein Kropf. Die Fragen in der Welt und auch die Aufgaben in der Gemeinde und in den Fraktionen sind komplexer geworden.
In Einzelfragen ist spürbar, dass der Umgang rauer geworden ist. Sogar vor anonymen Drohungen schreckt man heute nicht mehr zurück. Wir machen sicher nicht immer alles richtig. Aber wir, das glaube ich für alle hier sagen zu dürfen, engagieren uns nach bestem Wissen und Gewissen für den Zusammenhalt in der CDU, in der Fraktion und in der Gemeinde sowie für eine kontinuierliche Weiterentwicklung.
Bei allem, was wir tun, sollte uns immer bewusst sein, dass wir in Raesfeld sind. Wir lieben unsere Gemeinde, wir gehen pragmatisch mit unseren Herausforderungen um. Dieser Weg hat sich bewährt.
Unsere Gemeinde Raesfeld hat sich dank einer besonnenen Politik, die von der Arbeit der CDU geprägt war, über viele Jahre prächtig entwickelt und in vielen Bereichen den Anschluss an die Zukunft erreicht. Darauf dürfen wir alle stolz sein. Wenn das so bleiben soll, bleibt natürlich auch weiter viel zu tun.
Aber das kann die Fraktion in neuer Zusammensetzung gelassen angehen. Wir sind gut aufgestellt, wir haben hoffnungsvolle Talente in unseren Reihen, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Große Aufgaben warten auf Ideen, Entscheidungen und Lösungen. Ein paar davon möchte ich nennen:
- Ärztliche Versorgung – geschäftliches und gastronomisches Angebot in der Gemeinde
- Demografische Entwicklung – Stichwort alternde Gesellschaft
- Umsetzung des Dorfentwicklungsprogramms
- Städtebaulicher Wettbewerb für hervorgehobene Flächen im Ortskern
- Straßenbaubeiträge nach KAG und Wirtschaftswegebau
Zukunft gestalten heißt, Verantwortung übernehmen. Das hat die CDU immer getan und das wird sie auch in Zukunft tun.
Zukunft gestalten heißt weiter: Vertrauen schaffen. Vertrauen untereinander, Vertrauen gegenüber den Bürgern durch verlässliche Politik, Transparenz und nachvollziehbare Entscheidungen, Vertrauen in der Zusammenarbeit mit der Verwaltung.
Ich sage zum Schluss noch einmal danke an alle, die heute meinetwegen gekommen sind. Ich sage nicht: Ich bin dann mal weg. Ich sage wohl, ich bin ab heute nicht mehr Fraktionsvorsitzender, aber ich bleibe noch Ratsmitglied bis zum Ablauf der Wahlperiode und möchte meine Erfahrungen gerne weiter einbringen.
Besonderer Dank gebührt den verschiedenen CDU-Gemeindeverbandsvorsitzenden und den vielen CDU-Vorstandsmitgliedern, mit denen ich stets gute Kontakte pflegen durfte.
Namentlich möchte ich Sarah Gößling nennen, mit der ich regelmäßige Treffen und Abstimmungen hatte, die viel gebracht haben. Danke auch für die Vorbereitung der heutigen Verabschiedung.
Danke auch an alle Abgeordneten der CDU auf Kreis-, Landes- Europa und Bundesebene, die für unsere Anliegen immer ein offenes Ohr hatten.
Meinem Nachfolger wünsche ich viel Glück und Erfolg. Wenn alle zusammenhalten, an einem Strick ziehen und unterstützend mitarbeiten, wird das sicher gelingen. Ich bitte darum, ihm das gleiche Vertrauen entgegenzubringen, das ich über viele Jahre haben durfte.
Auf den CDU-Gemeindeverband, die CDU-Fraktion, die Gemeinde Raesfeld – und auf ein paar schöne, angenehme Stunden hier im Gasthof Nießing.
Danke, danke, danke!