Wer an diesem Wochenende dringend in die Dorfmitte von Raesfeld musste, der brauchte mehr als nur Zeit. Es war die Stunde für Geduldige, denn eine Fahrt durch die Felder Richtung Raesfeld war alleine schon ein Erlebnis und ein Aufeinanderprallen zweier feindlicher Indianerstämme.
Münsterländer Landbevölkerung trifft Ruhrgebietler, und das an jeder Ecke, selbst auf Zufahrtswegen, die doch eindeutig als Privatweg oder als „Durchfahrt verboten“ gekennzeichnet waren.
Das Revier schwärmte aus, wie die Bienen im Sommer auf Blumenwiesen, oder besser noch auf Rapsfelder. Sie drängten sich durch die Gassen mit ihren Karosserien Namens Gelsenkirchen, Essen, Oberhausen und hatten auch schon, bevor sie auf dem Kappesmarkt ankamen, dass Kriegsbeil ausgegraben. Wer nicht schnell genug Platz machte und fast mit seinen Autorädern auf dem Acker stand, wurde kurzerhand fast da hinein gerammt, wie ein Totem in die Erde. Kohle gegen Ackerbau, ein unfairer Kampf, aber auch schön, denn immerhin haben die Städter die Wirtschaft in Raesfeld mal wieder so richtig angekurbelt.
Was macht eine Hausfrau eigentlich mit fünf Köpfen Wirsing, Kappes oder Rotkohl? Eigentlich sind die Hamsterjahre schon mehr als 60 Jahre vorbei. Nun gut, wer für den Notfall vorsorgt, der braucht nicht zu hungern. Aber stehen wir in Deutschland vor einer Hungersnot? Und alleine schon der Gedanke daran, dass es monatelang in der Wohnung nach Kohl stinkt, auch nicht sehr prickelnd. Zumindestens kein Wellness-Geruch. Da kommt dann auch keine Dauerberäucherung von Duftkerzen oder Räucherstäbchen mehr an. Eventuell Weihrauch, aber das über einen längeren Zeitraum eingeatmet verursacht Kopfschmerzen.
Die Menschen im Revier sind ja für ihr Modebewusstsein bekannt. Leicht schmunzeln musste ich doch als Ehefrau, etwas korpulent zu Ehemann, ebenfalls mehr breit als hoch, sagte: Eh, kuck mal, iss datt nich ne bisschen eng watt die da anhat?
Besonderer Andrangt herrschte bei der Landjugend am Kappesstand. Warum? Ja hier gab es was umsonst. Ein Schälchen frisch gehobelter Kappes mit Dressing. Spende erwünscht! Und? Gab es Spende? Nee, denn „wir spenden nur inne Kirche“ meinte eine Besucherin auf Nachfrage. Kein Wunder das der Krautsalat so gut schmeckte. War ja umsonst und die Landjugend hobelte was das Zeug hielt, nur um die hungrige Mäuler der Touristen aus dem verarmten Vororten der Großstädte des Ruhrgebiets zu stopfen.
Ach Kappesmarkt ist ja immer wieder so schön und wenn alle Richtung REWE-Parkplatz fahren, obwohl dort „Frei für Anlieger“ steht, dann gibt es hier auch eine passende Ausrede: Wir haben ein Anliegen. Wir wollen auf den Kappesmarkt. Und das gleich mehr als zehntausend Mal in der Stunde.
Während ich jetzt in aller Ruhe meinen Tatort schauen konnte, stehen höchstwahrscheinlich immer noch tausende von Hausfrauen in ihrer Essener, Gesenkirchener oder sonstwo Küche und hobeln ihren Kappes für die bevorstehende Hungersnot.
Ein völlig unverschämter Beitrag. Ich denke wenn so ein Markt im Ruhrgebiet stattfinden würde und reihenweise Leute mit dem Kennzeichen BOR den Markt besuchen würde,wäre deren Verhalten wahrscheinlich nichts anderes. Um dann mal die Klischees zu erfüllen sind die Ruhrgebietler wesentlich freundlicher und offener als die sturen und alles andere als offenen Münsterländer bzw. Bauern.
@Sabrina: Ja ein Mädchen aus dem Kohlenpott. Ich liebe das Ruhrgebiet, seine Menschen und die ehrliche Mentalität. Nur wenn ich mit Auto-Kennzeichen „BOR“ irgendwo falsch parke oder sonstiges mache heißt es gleich: Typisch. Bauer ohne Rücksicht.Das ist ein liebevolles Geben und Nehmen.
„…die hungrige Mäuler der Touristen aus dem verarmten Vororten der Großstädte des Ruhrgebiets zu stopfen.“
Das sind aber harte Worte – und das von einer „Zugezogenen“ 😉
Ein absolut unangebrachter Beitrag über Menschen die viel Geld in unser Dorf bringen.