Der Beobachter zu: Karneval in Deutschland – Was für eine Session, liebe Närrinnen und Narrhalesen!
In diesem Jahr ist der Karneval von einem regionalen zu einem gesamtrepublikanischen Ereignis geworden.
Das närrische „Dreigestirn“ kommt nicht mehr aus Köln, sondern aus der ganzen Republik: Bauer Horst aus Franken, Jungfrau Angela aus der Uckermark, und Prinz Martin aus dem „Öcher“-Land – der Einzige mit Jeckenblut in den Adern, und das merkt man auch.
Leider fanden die Kappensitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, in den Jeckenzentralen der Karnevalshochburg Berlin. Die Inhalte der zahllosen Büttenreden, die dort gehalten wurden, gelangten leider nur bruchstückhaft an die Schar der paar’n-achtzig Millionen Närrinnen und Narrhalesen im Land.
Auch sah man die Protagonisten nie mit ihren schmucken Narrenkappen, wenn sie sich vor den Linsen der Kameras mit ihren gespreizt-lustigen Anekdötchen in Szene zu setzen versuchten, aber es war doch unübersehbar, dass sie eine solche trugen – virtuell zumindest.
Untypisch war auch, dass der Elferrat erst gegen Ende der Session gebildet wurde und dann schlussendlich auch noch aus fünfzehn Obernarren bestand. Aber, naja, Zählen und Rechnen war eben noch nie eine Stärke der Jecken.
Dass dann allerdings der Prinz in einem Anfall von Ämterhäufungswütigkeit auch noch nach einem der prominentesten Posten im Elferrat griff, war dann doch zuviel des närrischen Treibens. Das Jeckenvolk goutierte diese humoristisch gemeinte Einlage mit lauten Buh-Rufen, und Prinz Martin der soundsovielte, der „Würger von Würselen“, musste abdanken. Nun steht der Prinz, ganz wie weiland sein Verwandter, der Kaiser, ganz ohne Kleider da. Naja, so ganz ohne dann doch nicht. Immerhin bemerkten schon die Kleinsten im Land, dass er noch Haare im Gesicht hat. Also, die Haare hat er dort noch, das Gesicht selbst allerdings hat er verloren.
Macht aber nix, denn Sie wissen ja, liebe Närrinnen und Narrhalesen:
„Am Aschermittwoch ist alles vorbei,
die Schwüre von Treue sie brechen entzwei.
Von all deinen Küssen
darf ich nichts mehr wissen.
Wie schön es auch sei
dann ist alles vorbei“
So sang schon der Kölner, Jupp Schmitz, vor fünfundsechzig Jahren. Ein Mann mit Weitblick!
Allerdings steht zu befürchten, daß es in der Karnevalshochburg Berlin am Aschermittwoch noch lange nicht vorbei ist. Dort wird die Session noch etwa dreieinhalb Jahre lang weitergehen, der gesichtslose Prinz Martin wird durch die anmutige (naja…) Prinzessin Andrea ersetzt, und ein temporärer Wahl-Hanseat, einer von denen, welche ja bekanntermaßen mit dem närrischen Treiben so gar nichts am Hut haben, wird oberster Verwalter der Jecken-Kasse. Womit zu befürchten steht, daß diese Session die teuerste der Geschichte werden dürfte. Dazu kommen Gerüchte, daß ein närrischer Pop-Beauftragter aus Goslar, der zentralen Pfalz des Heiligen Römischen Reiches, sich anschicken dürfte, den Karneval Deutschlands in der ganzen Welt zu verbreiten. Die ja nur darauf wartet. Nur um dann diesen und sein närrisches Treiben, wie einst schon seine Geburtsstadt, in das Weltkulturerbe der UNESCO aufzunehmen. Oder so.
Und das alles im Zeichen der Raute.
Merk(el)e: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
In diesem Sinne: Helau und Alaaf, liebe Närrinnen und Narrhalesen,
wünscht
DeWo