Am vergangenen Sonntag (10.11.) lud der Heimatverein Erle zu einer besonderen Gedenkveranstaltung am Jüdischen Friedhof in Erle ein.
Carlo Behler vom Heimatverein führte die Teilnehmenden durch die bewegte Geschichte der jüdischen Familie Cahn und erinnerte an die tragischen Ereignisse der Reichspogromnacht vom 9. bis 10. November 1938.

Die Geschichte der Familie Cahn
Carlo Behler gab Einblicke in das Leben der Familie Cahn und deren Verbindungen zum Ort Erle. Unter Verweis auf historische Quellen wie die Tafel am Jüdischen Friedhof und den Artikel von Dr. Elisabeth Schwane † aus dem „Heimatkalender der Herrlichkeit Lembeck 2000“ schilderte er die historischen Zusammenhänge. Die Familie Cahn, die einst in Erle lebte, ist ein Symbol für das jüdische Leben und das unvorstellbare Leid, das jüdische Bürger während der NS-Zeit widerfuhr.

Friedensbotschaft von Papst Franziskus gemeinsames Gedenken
Ingrid Horstmann las im Anschluss einen Friedenstext von Papst Franziskus vor und stimmte das Friedenslied an. Zum Abschluss versammelten sich alle Teilnehmenden an der Grabstätte, um nach jüdischer Tradition Steine auf das Denkmal und die Gräber zu legen. Behler betonte: „Ich bin überzeugt, dass wir ein Zeichen des Gedenkens schuldig sind, nicht weil sie etwas Besonderes für Erle geleistet hat, sondern weil wir Zeugen sind, dass ihnen ein unvorstellbares Unrecht angetan wurde.“

Die Deportation der Familie Schönbach-Cahn
Hugo und Else Schönbach, geborene Cahn, sowie ihre Tochter Mirjam wurden am 15. Dezember 1941 in einem Deportationszug von Hannover nach Riga verschleppt. In den Dokumentationszentren in Riga sind sie auf den Listen dieses Transports verzeichnet. Auf diese Dokumentationstafeln stieß der Sohn von Carlo Behler, Julian, im Jahre 2018 bei einem Besuch in Riga.
Die Anfänge der Familie Cahn in Erle
Die Ursprünge der Familie Cahn in Erle reichten bis ins Jahr 1824 zurück, als das jüdische Ehepaar Moises Herz und Sophia Cohen an den Ort zog und später den Namen Cahn annahm. Das Haus der Familie, ein kleines weißes Gebäude rechts neben der Bäckerei Funke-Heßling, existiert bis heute. Um 1930 lebte dort Levi Cahn, Enkel von Moises Cahn, mit seiner Frau Caroline und seinen beiden Töchtern Else und Erna. Levi Cahn verstarb im März 1933 und wurde auf diesem Friedhof als letztes Mitglied der Familie Cahn begraben.
Tragische Schicksale und Flucht vor Verfolgung
Nach dem Tod ihres Vaters floh Erna mit ihrem Ehemann 1938 nach Südafrika. Else heiratete Hugo Schönbach und zog nach Schermbeck. Im Dezember 1941 wurden Else, ihr Mann und die gemeinsame Tochter Mirjam nach Riga deportiert, wo sich ihre Spuren verloren. Vermutlich starb die Familie im Ghetto oder in einem Konzentrationslager.
Erinnerung an Emma und Jettchen Cahn
Zwei unverheiratete Schwestern von Levi Cahn, Emma und Jettchen, die in Erle aufwuchsen, wurden 1942 zunächst nach Theresienstadt und später nach Treblinka deportiert, wo sie ermordet wurden. Ein Stolperstein in Essen-Borbeck erinnert an die beiden Schwestern, die dort einen Kurzwarenladen betrieben.

Der Jüdische Friedhof in Erle
Der Jüdische Friedhof in Erle existiert nachweislich seit 1834. Er stellt nicht nur eine Ruhestätte, sondern auch ein bedeutendes kulturelles Denkmal dar, das an die lange jüdische Tradition in der Region und die damit verbundenen Schicksale erinnert.