Schicht im Schacht, oder besser gesagt: Nur noch vor, anstatt hinter der Theke wird sich das Wirtshaus Ehepaar Marpert zukünftig aufhalten.
Gertrud (77 J.) und Ewald Marpert (79 J.) von der Raesfelder Dorfschenke ziehen sich nach insgesamt 39 Jahren, davon 26 Jahre in der Dorfschänke, aus dem Kneipenleben zurück.
Das Ehepaar waren Gastwirte aus Leidenschaft. Für die Kneipenbesucher war Ewald der Entertainer, der zu jeder Gelegenheit die richtigen Sprüche auf Lager hatte.
Ein Tausendsassa mit dem richtigen Riecher und dem glücklichen Händchen dafür, seine Gäste zu unterhalten. „Gertrud war der Fels in der Brandung und das Fundament. Sie hielt auch in stressigen Zeiten alles zusammen und sorgte immer für einen reibungslosen Ablauf“, weiß Anton Braun, der seit April hinter der Theke steht, zu berichten.
Endgültig und nur noch vor der Theke
Nach einer Warmlaufzeit in den Ruhestand, ist nun Ende des Jahres endgültig für das Ehepaar Marpert Schluss. „Ich wollte nicht von null auf Hundert aus dem Betrieb scheiden, sondern langsam. Deshalb kam ich immer nur noch stundenweise“, erklärt Ewald.
Nun möchte der Gastwirt, der in all den Jahren täglich, Tag und Nacht, wie er sagt, hinter dem Tresen stand, nur noch vor der Theke sitzen. „Na ja, es ist nicht leicht und ich gehe mit einem lachendem und einem weinenden Auge. Freue mich aber, dass ich nun auf meine alten Tage noch Gast werde und öfter vor der Theke sitzen kann“.
Blick in die Zukunft
Angst vor Langeweile hat der 79-Jährige nicht. Er weiß schon genau, wie er seine Freizeit verbringen möchte. „Bin ja auch noch verheiratet“, sagt Ewald augenzwinkernd. Darüber hinaus möchte er alle 14 Tage beim Kolping Doppelkopf spielen.
Während Ewald demnächst Karten spielt, wird seine Ehefrau nicht ganz aus der Gastronomie ausscheiden, aber auch nicht, wie sie lachend sagt, mit dem Stricken anfangen. „Ich werde meine Tochter Gerlinde weiterhin im Rathaus Café unterstützen“.
Der Liebe wegen nach Raesfeld gezogen
Einen Nachfolger gibt es auch schon. Anton Braun, der vor sechs Jahren der Liebe wegen von Hamburg nach Raesfeld zog, übernimmt ab dem 1. Januar die Schenke.
Für Ewald und Gertrud ein Glücksfall, denn Anton, anfänglich der Freund ihrer Enkeltochter, ist dem Ehepaar auch nach der Trennung, ans Herz gewachsen und erhalten geblieben.
Der 34-jährige gelernte Informatiker fühlt sich in Raesfeld pudelwohl und gut angenommen. „Wir sind eine große Familie und verstehen uns alle gut. Ich mag Raesfeld und freue mich auf meine neue Herausforderung“, sagt der 34-Jährige.
Als neuer Inhaber der Dorfschänke möchte er nicht viel ändern. „Es wird einen neuen Anstrich geben, aber das Urige soll beibehalten bleiben“.
Fässer werden leer gezapft
Am Sonntag werden Ewald und Gertrud Marpert zum letzten Mal hinter der Theke stehen. „Dann wird solange Freibier gezapft und ausgeschenkt, bis alle Vorräte aufgebraucht sind. Dann muss am Ende getrunken werden, was noch da ist“. Übergeben wird die Kneipe offiziell am 31., sodass der neue Wirt Anton nahtlos am 1. Januar mit dem Betrieb weitermachen kann. Petra Bosse