„Betreuungsrechtstage 2015″ mit Schwerpunkt Tabuthemen in der Betreuung

„Betreuungsrechtstage 2015″ mit Schwerpunkt Tabuthemen in der Betreuung Ende Oktober/Anfang November Veranstaltungen in Ahaus, Bocholt, Borken und Gronau

Kreis Borken (pd). Einem besonders sensiblen inhaltlichen Schwerpunkt widmen sich die diesjährigen „Betreuungsrechtstage“, die die Arbeitsgemeinschaft für das Betreuungswesen im Kreis Borken jetzt veranstalten. Dabei wird es um „Tabuthemen in der Betreuung“ gehen, die in vier Informationsveranstaltungen beleuchtet werden: am 28 Oktober in Gronau, am 29. Oktober in Ahaus, am 4. November in Bocholt und am 5. November in Borken. Der Besuch dieser Veranstaltungen ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich.

Der „Arbeitsgemeinschaft für das Betreuungswesen im Kreis Borken“ gehören die Betreuungsstellen des Kreises Borken und der Stadt Bocholt, die Betreuungsvereine SkF Ahaus-Vreden und SkF Bocholt, der AWO-Betreuungsverein Bocholt, der Betreuungsverein Gronau und Umgebung sowie der Betreuungs- und Förderverein im Kreis Borken an.

Zu den einzelnen Veranstaltungen der Betreuungsrechtstage:

Am Mittwoch, 28. Oktober 2015, lautet ab 19 Uhr im Wirtschaftszentrum Gronau, Fabrikstraße 3, das Thema „Ärztlich begleiteter Suizid – eine Option für schwerstkranke Menschen?“ Äußerst umstritten wird derzeit diskutiert, ob es Ärzten erlaubt sein soll, schwerstkranken und sterbenden Menschen bei einer Selbsttötung zu assistieren. Momentan hat ein Schwerstkranker, wenn er ärztlichen Beistand erhofft, lediglich die Möglichkeit, über eine Patientenverfügung eine Behandlungsbegrenzung zu fordern. Einen möglicherweise qualvollen Tod erspart er sich hierdurch aber nicht. Von den Befürwortern wird vorgetragen, dass verzweifelte Menschen sich nicht an Sterbehilfevereine wenden müssen, sondern sich ihrem Arzt anvertrauen können. Ein Arzt müsse dem Patienten beim friedlichen Einschlafen helfen dürfen. Andererseits wird vorgebracht, dass alte und kranke Menschen in den Suizid getrieben werden könnten. Und wie positionieren sich die Ärzte dazu? Die Standesvertretung der Ärzte stellt den Schutz und Erhalt menschlichen Lebens in den Vordergrund. Demnach sei ein begleiteter Suizid nicht die Aufgabe eines Arztes. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion wird dieses heikle Thema erörtert. Als Experten konnten Stefan Rittmeier, Chefarzt der gerontologischen Abteilung des Lukas-Krankenhauses Gronau, Felizita Söbbeke, Rechtsanwältin aus Epe, sowie die Bundestagsabgeordnete Ingrid Arndt-Brauer gewonnen werden. Ein Theologe wird die Expertengruppe ergänzen und Gronaus Bürgermeisterin Sonja Jürgens wird die Betreuungsrechtstage eröffnen. Veranstalter ist der Betreuungsverein Gronau und Umgebung e. V.

155079VAm Donnerstag, 29. Oktober 2015, 18 Uhr, steht im Josef-Cardijn-Haus in Ahaus, Fuistingstraße 16, „Das Messie-Syndrom – Haben statt sein. Horten statt (er)leben“ im Blickpunkt. Nicht mehr unterscheiden können zwischen wertlos und wertvoll, zwischen nützlich und überflüssig. Alles behalten müssen. Nichts wegwerfen können. Immer häufiger berichten gerade auch Doku-Soaps im Privatfernsehen über Menschen, die Unmengen von Dingen horten oder kaufen und sich von nichts trennen können. Ihre Wohnungen werden immer voller, bis sie niemanden mehr einladen und sich stattdessen zurückziehen. Ist das nun eine Krankheit? Gab es das früher nicht? Wie kann geholfen werden? Ausführlich wird in der Veranstaltung dieses Phänomen erörtert, das seit kurzem in den USA als „Hoarding Disorder“ als eine eigene psychiatrische Krankheit eingeordnet wird. Außerdem werden die Ergebnisse einer Untersuchung des Sozialpsychiatrischen Dienstes Dortmund vorgestellt: 186 Fälle unbewohnbar gewordener Wohnungen aus dem Zeitraum 2008 bis 2012 wurden analysiert und aus den Ergebnissen ein pragmatisches Handlungskonzept entwickelt. Referent ist Dr. med. Thomas Lenders, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, im Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes der Stadt Dortmund. Veranstalter ist der Sozialdienst katholischer Frauen Ahaus-Vreden e. V.

Am Mittwoch, 4. November 2015, werden ab 18.30 Uhr im Kolpinghaus Bocholt, Kolpingstraße 3-5, „Gewalt und Missbrauch in der Pflege“ thematisiert. Gewalt in der Pflege ist Alltag – und gleichzeitig ein Tabu. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass in Europa jährlich rund 4 Millionen ältere Menschen Misshandlungen erleiden. Gewalt kann dabei weitaus mehr sein als körperliche Übergriffe. Psychische Gewalt und Vernachlässigung, finanzielle Ausbeutung und sexualisierte Gewalt finden täglich statt. Die Tabuisierung des Themas hat zur Folge, dass Scham und Angst bezüglich der Thematik zunehmen und Vorfälle weiterhin weitestgehend im Verborgenen bleiben. Ein Effekt, der auch Interventionen im Rahmen von Gewaltprävention erschwert. In dem Vortrag von Uwe Brucker, Leiter des Pflegeteams beim Medizinischen Dienst des Spitzenverbands „Bund der Krankenkassen“, werden Häufigkeit, Erscheinungsformen und Entstehungsweisen von Gewalt und Missbrauch näher beleuchtet, aber auch Lösungsansätze und Präventions- und Deeskalationsstrategien vorgestellt. Veranstalter sind der AWO Betreuungsverein Bocholt und der Sozialdienst katholischer Frauen Bocholt e. V.

Um „Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Sexualität“ geht es schließlich am Donnerstag, 5. November 2015, ab 19 Uhr im Kreishaus Borken, Burloer Straße 93, in dem Vortrag von Martin Nolte von der Bischöflichen Stiftung Haus Hall, Gescher. Die Sexualität des Menschen ist untrennbarer Teil seines Lebens und seiner Entwicklung. Jeder Mensch existiert als Mann oder als Frau und hat sexuelle Bedürfnisse. Es ist davon auszugehen, dass Menschen mit geistiger Behinderung die gleichen Entwicklungsphasen durchlaufen wie alle Menschen, wenn auch teilweise langsamer. Gleichwohl zeigen sich Besonderheiten und Widersprüchlichkeiten. Sexuelle Bedürfnisse gibt es in jeder Lebensphase, gerade auch bei alten, kranken und schwerbehinderten Menschen. Ein gesundes, angstfreies Verhältnis zum eigenen Körper und zur Sexualität ist eine wichtige Voraussetzung für die Entfaltung der Persönlichkeit und deshalb ein Wert, der nicht vernachlässigt oder verdrängt werden darf. Das Recht auf Sexualität auch für Menschen mit geistiger Behinderung ist heute allgemein anerkannt. Dennoch tun sich oftmals Angehörige, Betreuer und Einrichtungen sehr schwer, sexuelle Bedürfnisse anzuerkennen und zuzulassen. Der Grund ist nicht selten ein falsch verstandenes Schutzbedürfnis. Somit ist Sexualität von Menschen mit Behinderungen nach wie vor ein heikles Thema, das viel Sensibilität und auch Toleranz erfordert. Veranstalter des Vortragsabends ist der Betreuungs- und Förderverein im Kreis Borken e. V.

Weitere Informationen zu den „Betreuungsrechtstagen 2015″ und ganz allgemein zum Thema Betreuung finden sich im Internet unter www.kreis-borken.de/betreuung. Auskunft geben auch Birgit Kuhberg von der Betreuungsstelle Kreis Borken, Telefon: 02861/82-1555, E-Mail: [email protected], sowie die Betreuungsvereine im Kreis und die Betreuungsstelle der Stadt Bocholt.

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