Ein ungewöhnlicher Vorfall sorgte Anfang der Woche im Hotel Brömmel-Wilms in Erle für Aufsehen: Eine asiatisch aussehende Prostituierte buchte kurzfristig ein Zimmer, tauchte plötzlich auf, und bald darauf herrschte reger Männerverkehr. Gaststätten- und Hotelbetreiber Christian Lipfert wurde misstrauisch und rief die Polizei.
Montagabend buchte die Frau eine Stunde vor ihrer Ankunft über Booking.com – die Reservierung erschien jedoch verspätet im System. Christian Lipfert vermutete zunächst, es handle sich um eine normale chinesische Arbeiterin, vielleicht vom China-Restaurant in Schermbeck. Das Hotel sei an diesem Tag ohnehin voll mit Bauarbeitern gewesen, so Lipfert. Daher sei ihm die kurzfristige Buchung zunächst nicht verdächtig vorgekommen.
Rosa Hausschuhe und Verwirrung
Dann habe sie eingecheckt. Lipfert fragte nach dem Pass. Den hätte sie jetzt leider gerade nicht zur Hand gehabt. Er wäre im Koffer gewesen, habe sie berichtet. „Ich habe ihr gesagt, dass sie schon mal aufs Zimmer gehen, ihren Koffer auspacken und dann mit dem Pass wieder runterkommen soll“, schildert Lipfert die ersten Minuten.
Plötzlich habe die Dame, nachdem sie eingecheckt hatte und ihren Koffer aufs Zimmer brachte, in der Gaststätte wieder an der Theke gestanden – in rosa Hausschuhen mit Hasenohren – und einen Tee bestellt. „Sah witzig aus“, lacht Lipfert, schmunzelnd. Die Mitarbeiter verbuchten das als kulturelle Eigenart.
Männlicher Besuch und Tütenrätsel
Später meldete sich ein Mann an der Theke, der eine Freundin besuchen wollte. Niemand dachte sich im ersten Moment etwas. „Man hat ja hier in Erle auch gar nicht die Gedanken dafür“, sagt Lipfert.
Am nächsten Morgen sei Lipfert gegen halb neun wieder am Hotel gewesen. Vor dem Eingang habe ein Mann gestanden. Der Hotelbetreiber sei davon ausgegangen, dass es sich um Verwandtschaft der Dame oder einen Bekannten handele, der sie zur Arbeit abholen wolle.

Gegen elf Uhr sei die Dame schließlich mit zwei prall gefüllten Tüten an der Rezeption erschienen. Darin hätten sich vor allem weiße Taschentücher befunden. Mithilfe einer Übersetzungs-App habe sie um Ersatz gebeten. „Ich hab mir gedacht, okay, ist vielleicht so die chinesische Tradition, dass man viel mit Taschentüchern macht“, schilderte Lipfert die kuriose Szene. Er habe ihr zwei neue Tüten ausgehändigt, erinnert sich Lipfert schmunzelnd.
Weiterer Männerverkehr vor dem Hotel
Ein Fremder huschte zur Zimmertür der Dame. Lipfert sprach ihn an: „Da habe ich gedacht, wo kommt der denn jetzt her und warum flitzt der hier rum?“
Als Lipfert den Fremden ansprach, habe dieser behauptet, im falschen Hotel zu sein, und sei fluchtartig verschwunden.
Jetzt machte es Klick. Lipfert stellte die Frau zur Rede. Ihm wurde klar, dass es sich hierbei um einen Fall von mutmaßlicher illegaler Prostitution handelte. Er verständigte besorgt die Polizei. Sie bestellte in dieser Zeit höflich einen Kaffee und wollte sogar noch um zwei Tage verlängern.
Währenddessen tauchte gegen Mittag weiterer Männerverkehr vor dem Hotel auf. Offensichtlich wollten die Männer ebenfalls die Dame aufsuchen. Einige Männer hielten sich mit Handys vor dem Eingang auf, einige betraten das Gebäude durch den Nebeneingang.
Verlegene Ausreden am Dienstagvormittag
Ein Mann sei sogar direkt zur Zimmertür der Frau gegangen, so Lipfert: Insgesamt sollen es am Ende rund 15 Besucher gewesen sein, die die Frau auf ihrem Zimmer empfing. Lipfert sprach erneut einige an, die sich teils verlegen herausredeten, teils wortlos umdrehten. „Es war schon auffällig, so was sieht man hier sonst nicht“, schildert er die ungewöhnliche Situation, besorgt. Ein neuer Gast verriet dann am Morgen offenherzig, dass die Dame Anzeigen auf einem entsprechendem Online „Asia Tanya, 21 Jahre alt“ geschaltet hatte. Der Preis: „Halbe Stunde, 100 Euro“, so der Gast. Mit der Realität habe das eher wenig zu tun gehabt. „Die Frau ist um die 50 Jahre alt gewesen“, berichtet Lipfert.
Einsatz mit Polizei und Ordnungsbehörde Borken
Die Beamten trafen schließlich gemeinsam mit Vertretern der Kreisverwaltung ein – auffällig vor dem Hotel parkend, was auch die Aufmerksamkeit der Nachbarschaft weckte.
Die Frau wurde befragt und gab per Handy-Übersetzer an, sie sei abends mit dem Bus abgesetzt worden, um hier zu arbeiten. Die Einnahmen schienen bereits abgeholt. Die Beamten durchsuchten das Zimmer, hätten, so Lipfert, jedoch kaum Bargeld oder persönliche Gegenstände gefunden. Hinweise auf eine organisierte Struktur verdichteten sich. Die Frau wurde in Gewahrsam genommen.
Einmaliger Vorfall in Erle?
Nachdem die Dame des Rotlichtmilieus abgeführt wurde, hätten noch bis in die Mittagsstunden Männer in der ‚Erler Dorfmitte‘ gestanden und teils ungeduldig nach ihr gefragt. Lipfert: „Einige haben wirklich noch gewartet und wollten wissen, ob sie denn gleich wiederkommt.“ Lipfert betont, es sei das erste Mal gewesen, dass so etwas in bei Brömmel-Wilms vorgekommen sei.
Lipfert bleibt hoffnungsvoll: „Eros-Center Erle an der Fehmeiche?“ – ein Scherz, der hoffentlich nicht zur Realität wird, sagt er lachend.
Keine Angaben zum Fall vom Kreis Borken
Auf Anfrage der Redaktion an das Ordnungsamt Kreis Borken, ob solche Fälle dem Ordnungsamt bekannt seien und ob die Dame schon öfter auffällig geworden sei, erhielten wir die Antwort: „Nach Rücksprache mit dem zuständigen Fachbereich können wir aus ermittlungstaktischen Gründen dazu keine Angaben machen. Wir bitten um Verständnis.“