Nun ist sie weg, die alte Scheune von Böckenhoff mitten in Erle. Der Rest des Gebäudes erinnert an eine Klagemauer.
Nachdem der Bullenstall schon dem Erdboden gleich gemacht wurde, sieht die Dorfmitte, so ganz ohne „altem Stall“, eigentümlich leer aus.

Der Stall an der Schermbecker- und Silversterstraße in der Erler-Dorfmitte war schon so etwas wie ein Wahrzeichen für das Dorf. Er stand für eine landwirtschaftliche Kreislaufwirtschaft aller Kornbrenner: Getreideanbau, Kornbrennen und die Schlempe an die Rinder verfüttern, damit im nächsten Jahr dem Brennen des traditionsreichen Erler Korns nichts im Wege steht.

So war es noch bis vor einigen Jahren. Bis zuerst Johannes Böckenhoff, dann sein Nachfolger Dirk Böckenhoff die Getreide-Schlempe nicht mehr an die eigenen Tiere verfütterte, sondern an andere Landwirte verkaufte. Die nach Kakao riechende Getreide-Schlempe im Frühjahr war übrigens immer sehr beliebt bei den Rindviehchern!

Nicht lange, denn einem großen Engagement von Verwaltung und Bürgern ist es tatsächlich gelungen, genügend Geld, sprich rund 1,7 Mio. Euro für eine Bürgergenossenschaft zu sammeln und damit einem Dorfsterben vorzugreifen.

Was bedeutet Dorfsterben? Oder, was hat Dorfsterben mit einer Dorfkneipe zu tun? Eigentlich ganz viel: Keine Kneipe, kein Ort zum Treffen, keine sozialen Kontakte und keine Gemeinschaft!
Dafür gab es Opfer, oder auch nicht! Für einen war es „die schönste alte Scheune im Münsterland“, für andere einfach nur noch ein „altes Gebäude mitten im Dorf“, welches als Lager genutzt wurde.
Der Geruch, der an die eigene Kindheit, Jugend und Erwachsenwerden erinnerte, wie von Stall und Gülle, den gab es schon seit vielen Jahren, spätestens mit dem Abriss des Güllefasses von Johannes Böckenhoff an der Schermbecker Straße, nicht mehr.

Stehen geblieben der alten „Erinnerungen“ ist nur noch ein Teilstück der Seitenmauer des alten Stalls mit Fenstern. Diese Reliquie erinnert ein wenig an eine Klagemauer. Aber wofür Klagen, den in Erle geht es weiter mit einem modernen „Dorfgasthof“ oder auch „Dorfkneipe“.
Dennoch. Raesfeld hat eine, warum nicht Erle? Eine Klagemauer! Aber auch sie wird in den kommenden Wochen dem Baggern zum Opfer fallen. Stattdessen entsteht hier ein wirklich modernes Gebäude für alle Generationen. Also, wozu klagen, oder: wozu braucht Erle eine Klagemauer?
