Nicht nur auf dem Rad unterwegs auch auf neuen Wegen

RADIO WMW Chefredakteur Reiner Mannheims geht in den Ruhestand

Seit Dezember 1990 bis Dezember 2013 leitete Reiner Mannheims als Chefredakteur den Lokalsender RADIO WMW für den Kreis Borken. Der Lokalsender hieß vorher Westmünsterland-Welle. Der Sendername wurde später in RADIO WMW geändert. Sendestart war am 4. April 1992. Die meisten Chefredakteure haben ihren Lokalsender verlassen. Doch Reiner Mannheims blieb RADIO WMW treu. Er hat den Sender von Anfang an mitaufgebaut. Er ist einer der dienstältesten Chefredakteure im NRW-Lokalfunk. Vorher war er beim Zeitungshaus Bauer in Marl und beim WDR in Dortmund tätig. Er hat neben seiner Tätigkeit als Chefredakteur bei der Deutschen Hörfunkakademie mehrfach Seminare geleitet. Seine Themen waren: Darstellungsformen im Radio, Interview-Training für Verbands- und Unternehmens-Sprecher sowie Kommunalpolitik für Volontäre.  Seine Hobbys sind Radfahren und die Fotografie. Nun geht er in den Ruhestand, 23 Jahre hat er den Lokalsender RADIO WMW in Borken geleitet.

Reiner Mannheims (1)

 1. Wie sind Sie auf die Idee gekommen einen Lokalsender für den Kreis Borken aufzubauen?
Die Idee stammt nicht von mir, sondern lag auf der Hand, nachdem der Landtag das Landesmediengesetz verabschiedet hatte und den Weg für den Lokalen Rundfunk frei gemacht hatte. Im Kreis Borken Lokalfunk aufzubauen, lag für mich als Borkener auf der Hand. Als gelernter Journalist hatte ich damals Erfahrungen im Lokaljournalismus bei Tageszeitungen aber auch im Hörfunk wie z.B. beim WDR Radio Dortmund. Was in der Großstadt funktioniert, muss auch auf dem platten Land ankommen, war mein Gedanke.

2. Wie haben Sie die Mitarbeiter für den Lokalsender gefunden? Gab es Mitarbeiter die nicht aus dem Kreis Borken kamen?
Das war ein großes Problem zum Start. Qualifizierte Radiojournalisten waren für den neuen und noch unbekannten Lokalfunk kaum zu begeistern. Die suchten eher einen Platz beim WDR. So hatten wir zu Beginn zahlreiche Bewerbungen von jungen Menschen, die sich für den Journalismus interessierten aber meistens keine Erfahrungen im Medium Radio hatten. Die meisten Mitarbeiter der ersten Stunde kamen so auch nicht aus dem Kreisgebiet, wenn man von den freien Kollegen absieht. Die Kolleginnen und Kollegen des ersten Redaktionsteams stammten alle von außerhalb.

 3. Welche Aufgabe hat ein Chefredakteur beim einen lokalen Radiosender?
Er muss täglich ein kleines Team von acht bis zehn Kolleginnen und Kollegen motivieren, ein informierendes und unterhaltendes Programm von fünf Stunden zu gestalten. Dabei sind die Mittel begrenzt. Lokalfunk lässt sich nicht mit den Möglichkeiten eines öffentlich-rechtlichen Senders vergleichen. Unter’m Strich bedeutet das: Die tägliche, optimale Verwaltung des Mangels.

4. Warum muss der Chefredakteur im Sendegebiet wohnen?
Damit er spürt, wie seine Hörer leben und denken.

5. Wie waren die Anfänge bei RADIO WMW?
Schön und anstrengend. Wir wurden überall mit offenen Ohren empfangen und bestaunt. Lokalradio war absolut neu und für die Menschen eine ganz neue Erfahrung. Anstrengend, weil täglich fünf Sendestunden aus dem Borkener Funkhaus doch eine erhebliche Arbeit bedeuten. Die Strukturen für die Tagesabläufe wurden aber bald gefunden, so dass der redaktionelle Alltag bald in geordneten Bahnen laufen konnte. Schön war auch, dass wir sehr viel ausprobieren konnten.

6. Was hat sich im Lokalfunk verändert seit dem Sendestart bis heute?
Lokalfunk steht heute in der direkten Konkurrenz zu mehreren Medien. Das sind nicht nur die Tageszeitungen, sondern auch die WDR-Programme. Als wir starteten gab es z.B. noch kein „Eins Live“. Dazu ist die Konkurrenz des Internets gekommen. Auch der Hörer auf dem Land kann sich heute per Smartphone direkt über die Lage in Australien oder Syrien informieren.

7. Was sollte man im Lokalfunk verändern?
Das System ist schon gut aufgestellt, sonst hätte es ja auch nicht über 20 Jahre erfolgreich gearbeitet. Lokalfunk muss sich heute auch um die Themen aus Berlin oder Washington kümmern. Nur „total lokal“ reicht nicht mehr aus. Und: Lokalfunk muss sein Programm auch im Internet über eigene Angebote flankierend ergänzen und die User für das Medium Radio neu begeistern.

8. Was hat sich bei der Technik seit Beginn bis heute verändert?
Die Technik von 1992 ist mit heute nicht mehr vergleichbar. Die Produktion ist komplett digitalisiert. Die Tonbandmaschinen der ersten Jahre gehören heute ins Museum. Dazu kommt das Internet als digitaler Verbreitungskanal via live stream und als optisches Medium für Text und Bild.

 9. Mussten Sie häufiger das Programm umstellen?
Das zählt zu den Merkmalen von Radio, das ja nie still steht. Wir starteten im April 1992 mit drei Sendungen. „Frühstück“ als Morgensendung, „Mahlzeit“ zur Mittagszeit und „17+4“ gegen Feierabend. Das geht heute nicht mehr. Wir konzentrieren uns heute auf den Morgen und den Nachmittag, dazwischen immer um Halb zwischen 6 und 19 Uhr die lokalen Nachrichten, das ist ebenfalls am Anfang nicht so gewesen.

10. Wie wichtig ist die Musik bei Radio WMW?
Ohne Musik geht gar nichts. Die Musik ist für die Hörer nach der lokalen Information der Hauptgrund RADIO WMW zu hören.

11. Wer sucht die Musik aus? Muss der Moderator die Musik spielen die ihm vorgegeben wird? Nach welchen Kriterien wird die Musik ausgesucht?
Die Musik wird von der Musik-Redaktion unseres Rahmenprogramms „radionrw“ in Oberhausen ausgewählt und stundenweise für den gesamten Tag geplant. Die Musik wendet sich bewusst an die breite Masse der 18 bis 49jährigen Hörer und wird ständig durch Hörerumfragen getestet.

12.  Haben Sie sich als Chefredakteur mit den Kollegen der umliegenden Lokalradios getroffen um über Programmstrukturen zu sprechen?
Dies geschieht ständig. Der Austausch innerhalb des Kreises der anderen Chefredakteuren ist sehr wichtig, um auch für das eigene Programm neue Impulse zu finden.

13. Was sind die Unterschiede beim Fernsehen, Zeitung und beim Lokalradio?
Große Frage für eine knappe Antwort: Fernsehen lebt vom Bild. Eine Information oder ein Thema ohne Bilder geht nicht. Die Zeitung  gewinnt durch die Analyse und den Hintergrund zu den aktuellen Ereignissen. Lokalradio dagegen ist wie Radio überhaupt: Jetzt und sofort. Dies gilt für die Verkehrshinweise ebenso wie für die Live-Reportage von einem Großereignis.

 14. Was hat Ihnen besonders an RADIO WMW gefallen?
Schnell und unerwartet reagieren zu können. Mir fallen da spontan das Schneechaos und auch die Katastrophe von Enschede ein. Bei diesen Ereignissen konnten wir alle Vorteile des Mediums Radio nutzen und voll ausspielen.

15. Was erwarten Sie von Ihrem Nachfolger?
Er muss die Region und ihre Menschen lieben.

16. Werden Sie noch bei RADIO WMW zu hören sein? Das Sie ab und zu noch Beiträge machen oder eine Sendung moderieren?
Wahrscheinlich nicht.

17. Viele Lokalsender machen an Wochenende nur noch 3 Stunden lokales Programm. Wie haben Sie es geschafft das RADIO WMW auch am Wochenende 5 Stunden lokales Programm weiterhin machen kann?
Wir haben immer versucht, auch an den Wochenenden interessante und aktuelle Themen im Programm zu haben. Ich war und bin kein Freund davon, die Themen der vergangenen Woche am Wochenende noch einmal zu wiederholen und aufzuwärmen.

18. Wie sehen Sie die Zukunft im Lokalfunk und bei RADIO WMW?
Positiv aber nicht einfach. Die fast unüberschaubare Vielfalt der medialen Angebote überfordert viele. Lokalradio kann da als naher und vertrauter „Pfadfinder“ helfen, den Weg zu finden. Allerdings müssen die Angebote redaktionell professionell aufbereitet sein. 

19. Wie haben Sie es geschafft das RADIO WMW so erfolgreich ist? Das RADIO WMW unter den 5 Lokalsendern bei der Medienanalyse vertreten ist?
Wir haben sicher fast immer den richtigen Ton für die Menschen im Westmünsterland getroffen. Wir versuchen immer mit unseren Hörern Programm zu machen und nicht über ihre Köpfe hinweg.

20. Was kann man an RADIO WMW noch verbessern?
Sicher die technische Reichweite über UKW. In einigen Regionen des Kreises wie in Reken oder auch in Anholt/Isselburg ist das Programm nur schlecht zu empfangen.

21. Was sollte radio NRW der Rahmenprogrammanbieter der Lokalradios verändern?
Nichts! Radio NRW ist der erfolgreichste Radioanbieter über Jahre hinweg in Deutschland. Die Zusammenarbeit zwischen den Lokalstationen und radio NRW steht täglich auf dem Prüfstand und wird auch ständig den Anforderungen angepasst.

22. Gibt radio NRW den Lokalradios vor was Sie machen sollen?
Nein nicht direkt. Aber es wäre dumm, lokal ein vollkommen anderes Programm mit anderer Musik anzubieten, als radio NRW. Das zerstört die Durchhörbarkeit des Programms und verjagt Hörer.

23. Wer bestimmt das Format für den Lokalfunk?
Der Hörer. Die jährlichen Marktuntersuchungen der Elektronischen Medien-Analyse (EMA) zeigen uns genau, was der Markt verlangt.

24. Haben Sie viel als Chefredakteur mit den Kollegen von radio NRW aus Oberhausen zu tun gehabt?
Zwangsläufig. Wir standen in einem engen Austausch. Dies gilt sowohl für den tagesaktuellen Info-Austausch bei den Themen als auch für die langfristige Planungen und Aktionen.

25. Wie werden Sie den Ruhestand verbringen?
Das wird sich noch zeigen. In der groben Planung sind folgende Ziele: Spanisch lernen, viel verreisen, Fotografieren und das westliche Münsterland per Fiets erkunden. Ein ehrenamtliches Engagement ist auch nicht ausgeschlossen.

26. Welche Eigenart gefällt Ihnen an sich besonders
Ich kann sehr hartnäckig sein und lache aber gerne auch über mich selber

27. Verraten Sie uns Ihr Lieblingszitat?
Carpe diem“

28. Welche Redensart, welchen Satz hassen Sie am meisten?
Gut Ding will Weile haben

29. Worüber können Sie laut lachen?
Über schräge und erwartete Situationen

30. Was würden Sie niemals tun?
Jemanden betrügen

31.  Was gibt es in Ihrem Leben, worauf Sie besonders stolz sind?
Auf meine Familie und auf den Erfolg von RADIO WMW

32.  Welchen Traum, welche Vision würden Sie gerne verwirklichen?
Als Korrespondent in Spanien arbeiten.

33. Welches weltweite Projekt würden Sie als Politiker in Angriff nehmen?
Frieden in Nahost schaffen.

34. Drei Bücher die es wert sind hier erwähnt zu werden!
Karl May: Durch die Wüste
John le Carré: Die Libelle
Albert Camus: Die Pest

35. In welche Rolle würden Sie gerne einmal schlüpfen?
In keine. Ich bin mit mir zufrieden.

Fragen und Fotos: Thorsten Stevens

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1 Kommentar

  1. Endlich mal jemand, der bei Karl May nicht an die kitschigen Winnetou-Filme der 60er denkt, sondern einen der besonders guten Nah-Ost-Abenteuerromane, nämlich „Durch die Wüste“ nennt. Ich kann aus dieser Mini-Serie auch empfehlen „Durchs wilde Kurdistan“, „Von Bagdad nach Stambul“, „In den Schluchten des Balkans“, „Durch das Land der Skipetaren“ und „Der Shut“. Karl May ist nicht nur „Winnetou und Old Shatterhand“, seine Nah- und Fernost-Abenteuer sind auch für Erwachsene ein tolles Lesevergnügen.

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