Das Leben in Raesfeld wird teurer – Was hat der Haushalt der Gemeinde damit zu tun? Wir haben nachgefragt.
Mit der Einbringung des Haushalts 2023 beabsichtigt die Gemeinde Raesfeld die Hebesätze für die Grundsteuer A und die Grundsteuer B anzuheben. Das wirkt sich auf alle Eigentümer, Mieter und auf die Landwirtschaft aus. Gleichzeitig soll der Hebesatz für die Gewerbesteuer gesenkt werden.
Das wirft Fragen auf: warum werden alle Bürger/innen und Landwirte der Gemeinde in 2023 zur Kasse gebeten, aber Gewerbetreibende entlastet?
Die „Steuer“ungsmöglichkeiten der Gemeinde
Die Gemeinde Raesfeld generiert über die so genannten Realsteuern (Grundsteuer A, Grundsteuer B und die Gewerbesteuer) wesentliche Einnahmen für ihren Haushalt. Die Grundsteuer A besteuert dabei alle Flächen der Land- und Forstwirtschaft, die Grundsteuer B umfasst dabei alle bebauten und unbebauten privaten und gewerblichen Grundstücke.
Das „A“ steht für „agrarisch“, das B steht für „baulich“.
Die Grundsteuer B wird dabei von allen Bürger/innen der Gemeinde Raesfeld gezahlt. Sie wird nämlich über die Nebenkosten auch auf die Mieten umgelegt.
Die Gewerbesteuer ist von allen Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften zu zahlen.
Folgende Änderungen sind für das Jahr 2023 vorgesehen:

Ist das alles erklärbar und gerechtfertigt?
Gerade in diesen Zeiten, wo sich die Krisen scheinbar die Klinke in die Hand geben, müssen die Bürger/innen über steigende Energiepreise und die Inflation zweifelsohne erhebliche Belastungen aushalten.
Um so wichtiger: kann die Gemeinde diese Steueranpassungen nachvollziehbar erklären und sind sie angemessen und notwendig?
Die gute Nachricht vorweg: alle Anpassungen sind nachvollziehbar begründet worden und mit Blick auf den Haushalt offenbar auch notwendig.
Die Gemeinde Raesfeld ist seit vielen Jahren schuldenfrei, damit das so bleibt, müssen Ausgaben und Einnahmen sich auch weiterhin die Waage halten. Hier gilt es einen Kompass zu finden, eine Art Navigationsinstrument, mit dem für alle nachvollziehbar auch an kritischen Stellen nicht in einer Selbstbedienung Tür und Tor geöffnet wird.
Gerade bei der Festsetzung von Steuern ist eine besondere Sensibilität gefragt. Als Bürgerin und Bürger kann man sich nur sehr eingeschränkt gegen Steuererhöhungen wehren. Deshalb gilt ganz besonders bei Steuerarten, die alle Bürger/innen der Gemeinde betreffen: sie sind kein Finanzierungsinstrument für politische Verschwendung oder goldene Wasserhähne im Rathaus.
Guten Weg gefunden
Der Rat der Gemeinde und die Verwaltung haben allerdings einen guten Weg gefunden: es sollen immer die im Land NRW durchschnittlichen Steuerhebesätze gelten. Diese werden jedes Jahr vom Land NRW ermittelt und sind eigentlich ein Maßstab für den Gemeindefinanzausgleich.
Bestandteil dieser statistischen Erhebung des Landes sind aber alle Gemeinden in NRW. Ob Steueroase oder hoch verschuldete Kommune im Ruhrgebiet, alle Steuersätze werden in einen Topf geschmissen und ein Durchschnitt gebildet. Genau diese durchschnittlichen Steuersätze nimmt die Gemeinde Raesfeld als ihren Maßstab. Steigen diese Steuersätze, steigen sie auch in Raesfeld, sinken diese Steuersätze, sinken sie auch in Raesfeld. Das ist nachvollziehbar und fair. So erklärt sich schlussendlich auch, warum die Gewerbesteuer sinkt und die Grundsteuern A und B steigen.
Örtliche Besonderheiten
Natürlich gibt es noch örtliche Besonderheiten, aber die sind schnell erklärt. Bei der Grundsteuer A hat der Rat der Gemeinde einen Aufschlag von 60% auf den Durchschnittswert des Landes beschlossen. Im Gegenzug kümmert sich die Gemeinde um die Instandhaltung der Wirtschaftswege. Weiter hat die Gemeinde aufgrund der Corona Pandemie für das Jahr 2022 die Anpassungen der Steuersätze auf den Durschnitt des Landes NRW nicht vollumfänglich umgesetzt. Mit dem Beschluss des Haushalts 2023 werden nun alle Hebesätze wieder auf den Landesdurchschnitt gebracht.
Kommentar:
Fazit, Ausblick und ein Wunsch
Die örtliche Gemeinschaft, unser Dorf, Schulen, Straßen, Sportplätze und noch viele andere Dinge müssen bezahlt werden. Dazu braucht die Gemeinde Einnahmen, die in aller Regel wir Bürger/innen ihr verschaffen.
Selbst mit den dargestellten Steueranpassungen klafft noch ein Loch von ca. 1 Mio Euro im Haushalt der Gemeinde. Dieses Geld wird, so sieht es der Entwurf des Haushalts vor, aus der Ausgleichsrücklage (eine Art Sparbuch der Gemeinde) genommen.
Daran lässt sich festmachen: Raesfeld hat nichts zu verschenken, wir müssen weiterhin gut haushalten. Die Idee der Gemeinde, sich mit den Steuersätzen am Durchschnitt des Landes NRW zu orientieren ist nachvollziehbar, sinnvoll und fair.
Kurz gesagt: ein solches Vorgehen ist politisch mehrheitsfähig und gut begründbar. Raesfelder/innen sind stolz auf ihr Dorf, wir wünschen uns funktionierende Straßen, gepflegte Sportplätze und gute Schulen für unsere Kinder.
Wenn es dann bei der Festsetzung der Steuerhebesätze noch fair und nachvollziehbar zugeht und in Raesfeld die Abwassergebühren und Müllgebühren auf einem im landesdurchschnitt vorzeigbaren Niedrigniveau sind, dann zahlen wir gerne unseren Preis. Aber bitte erklärt es uns Bürger/innen, vorher und vollständig. Das gehört zum Job, dafür ist man gewählt worden.
Für alle Interessierten, haben wir unsere Fragen und die dazugehörigen Antworten als Anlage zu diesem Artikel auch online gestellt.