Weiße Wachtmeister mit Putzfimmel – Eine Schwanengeschichte vom Schloss Raesfeld
Zwei prächtige, schneeweiße Schwäne residieren derzeit in bester Lage: direkt am idyllischen Schlossgraben von Raesfeld – quasi mit Wasserblick und Touristenverkehr. Es ist Brutzeit, was bedeutet: Stress im Paradies. Denn inmitten des sorgsam gepolsterten Nestes ruhen sechs stattliche Eier – hübsch rund, blütenweiß, und offenbar von königlichem Wert. Jedenfalls, wenn man das Verhalten der stolzen Eltern so betrachtet.

Nestpflege mit System
Während die eine Hälfte des Schwanenpaares (vermutlich Frau Schwan, doch das bleibt unter Wassergeflüster) regungslos auf dem Nest thront, passiert dort mehr, als man denkt. In feiner Taktung hebt sie sich, dreht die Eier mit einer Eleganz, die jeden Ballettmeister neidisch machen würde, rückt dabei Zweige zurecht, polstert mit Federn nach und schiebt lose Blätter von links nach rechts – und manchmal auch wieder zurück, je nach ästhetischem Empfinden.

Alles unter den wachsamen Augen ihres Partners, der zwei Meter entfernt sitzt wie ein besonders kritischer Hausinspektor. Die Stirn gefiedert, der Blick streng: Wird da etwa das Nest zu locker geflochten? Hängt der Zweig da schief? Herr Schwan schaut nicht nur – er notiert innerlich. Und wehe, ein Blatt liegt quer.

Frühjahrsputz vor dem Sprung
Doch plötzlich wird aus dem strengen Blick ein aktiver Einsatz. Mit aufgestellten Flügeln watschelt der Schwan zum nahen Bachlauf – allerdings nicht, um sich ins Wasser zu stürzen. Nein, zunächst folgt eine gründliche Reinigungsaktion an Land. Mit dem Schnabel zieht er altes Seegras aus dem Uferbereich, entfernt sorgsam lose Zweige, fischt halb versunkene Ästchen aus dem Wasser und legt sie ordentlich zur Seite. Man könnte fast meinen, es handle sich um eine Inspektion des Außenbereichs.

Erst nachdem die Uferzone gereinigt und das Wasser aufgeräumt ist – zumindest nach Schwanenmaßstäben –, gleitet er mit einem zufriedenen Platschen in die Fluten. Dort dreht er gemächlich seine Runde, pflückt hier noch ein bisschen Deko-Grün, dort ein nützliches Zweiglein – vermutlich als stilvolle Ergänzung fürs Nest gedacht.

Die Nachbarn staunen
Spaziergänger am Weg bleiben stehen, beobachten das geschäftige Treiben mit staunender Miene – und der eine oder andere fragt sich: Haben Schwäne etwa Frühjahrsputz im Blut? Oder ist das der ganz normale Nestbau-Wahnsinn zur Brutzeit?
Fest steht: Am Schloss Raesfeld wird nicht nur gebrütet, sondern mit Hingabe geputzt, dekoriert und kontrolliert. Und falls eines der Küken später einmal fragt, wer für das perfekte Nestambiente zuständig war – nun, die Antwort dürfte auf zwei Flügelpaare verteilt sein.

Ein Paar fürs Leben?
Was viele nicht wissen: Schwäne gelten als Symbol für Treue – und das nicht ohne Grund. Die meisten Schwanenarten, darunter auch der in Deutschland verbreitete Höckerschwan, leben tatsächlich monogam. Haben sie sich einmal gefunden, bleiben sie in der Regel ein Leben lang zusammen. Gemeinsam bauen sie ihr Nest, ziehen die Küken groß und verteidigen ihr Revier – mit beeindruckender Entschlossenheit.

Auch die Aufgaben sind klar verteilt, zumindest während der Brutzeit: Während das Weibchen brütet, steht das Männchen oft Wache. Es hält neugierige Spaziergänger, Enten oder andere Tiere auf Abstand und passt auf, dass alles seine Ordnung hat – im Nest wie auch drumherum.
Dass dabei nicht nur die Eier gedreht, sondern auch das Ufer geputzt wird, ist vielleicht keine wissenschaftlich belegte Pflicht – aber es passt gut ins Bild. Denn wer ein so harmonisches Familienmodell pflegt, der hat offenbar auch ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Ordnung im Revier.

Wichtiger Hinweis für Besucher
Auch wenn es selbstverständlich sein sollte: Hunde sind im Bereich des Schlossgrabens an der Leine zu führen. Nicht nur aus Rücksicht auf andere Besucher, sondern vor allem zum Schutz der brütenden Tiere. Die Leinenpflicht ist vor Ort ausgeschildert – dennoch kommt es immer wieder vor, dass sich einige Spaziergänger nicht daran halten. Dabei reicht oft schon ein unkontrollierter Sprint eines Hundes, um die empfindliche Brut zu gefährden oder das Nest zu zerstören.

Die Schwäne dulden keine Störung – und verteidigen ihr Nest notfalls mit aller Entschlossenheit. Für alle Beteiligten ist es daher am besten, wenn Hunde an kurzer Leine geführt und ausreichend Abstand zu den Tieren gehalten wird.