Korn ist nicht gleich Korn – Wie geht es nach dem Fall des Monopols in Erle weiter?
Momentan wird regional und überregional viel über das Fallen des Branntweinmonopols berichtet. Welche Konsequenzen hat das für die Erler Kornbrennerei in naher Zukunft?
Man lebt mit der Region und Johannes Böckenhoff hat das Gefühl, dass die Region des Münsterlandes und seine Heimat ihn in all den Jahren sehr unterstützt haben. Aus diesem Grunde muss die Brennerei von Johannes Böckenhoff nach dem Fall des Monopols nicht schließen, denn die Produkte aus der „Kleinen Brennerei im Münsterland“ sind völlig unabhängig vom Monopolpreis.
Somit ist der Erhalt der kleinen Brennerei in Erle gesichert. Qualität vor Quantität und natürlich hat das auch seinen Preis, was nicht nur die Erler begriffen haben.
Was aber machte der Erler Kornbrenner in der Vergangenheit anders als viele andere Brennereien, die nun vor dem Aus stehen? Und wo ist der Unterschied zwischen Korn- und Feinbrennerei?
Böckenhoff war immer eine Korn- und nie eine Feinbrennerei. Feinbrennereien gibt es überhaupt nicht, klärt der Präsident der Deutschen Alkoholhersteller, der in all den Jahren seinen Korn selber in Erle gebrannt und gelagert hat, den sprachlichen Unterschied auf.
Es gibt Korn- Obst- Grappa und Whisky- Brennereien. Warum nennen sich trotzdem dann einige Brennereien „Feinbrennerei“?
„Der Begriff Kornbrennerei ist Tradition. Früher hieß es „Kornbranntweinbrennerei“, ein Begriff für Kornbrenner, die selber feingebrannt haben. Feinbrennerei klingt für einige Hersteller einfach vornehmer, hat aber nichts mit der Qualität des Produktes zutun“, erklärte Johannes Böckenhoff diesen Unterschied.
Heute gibt es insgesamt nur fünf Kornbrennereien in ganz Deutschland, die ihren Korn selber brennen. Unter anderem die „Schlitzer Kornbrennerei“ von 1585, eine der ältesten Europas, aus der Burgenstadt Schlitz/Hessen, die „Klostergutsbrennerei Wöltingerode“ aus Vienenburg/Harz (gegr. 1682), Haselünnes älteste Kornbrennerei Jos. Rosche von 1792 sowie die Kornbrennerei Joh. Böckenhoff von 1832 in Raesfeld-Erle.
Was machen aber dann die anderen Brennereien und Feinbrenner, wenn diese nicht selber brennen?
Die Hersteller kaufen 96 % Feindestillat bei der Reinigungsgesellschaft des deutschen Monopols, oder auch bei Euro-Alkohol ein und bringen den Alkohol dann mit Wasser zu der angegebenen Trinkstärke. Verarbeitet wird dann der Alkohol zu Likören- und Kräuterschnäpsen mit Aromastoffen, Fruchtsirup, naturidentischen Stoffen und Zucker. Verfeinert wird aber vielerorts das Destillat auch durch das Pressen über Holz-Eichenspäne. Bekannt dann durch die vornehmen Namen wie „auf Barrique Eiche“ gelagert.
Hinzu kommt, dass mit überhöhten Preisen viele Hersteller die Wertigkeit ihrer Produkte aufwerten, obwohl diese seit Jahren nicht mehr selber brennen.
Nun werden bis Ende des Jahres und mit dem Fall des Branntweinmonopols bei allen Kornbrennern in Deutschland die Anlagen stillgelegt werden. Korn- und Kartoffelbrenner wird es nicht mehr geben, weil sie nicht mehr konkurrenzfähig sein werden gegenüber dem Weltmarktpreis.
Der Preis von Alkohol zum Beispiel aus den Großbrennereien in Brasilien kostet die Hälfte weniger als in Deutschland. Da kann kein Deutscher Brenner mehr gegen den Weltmarktpreis zukünftig gegenhalten. Das Branntweinmonopol regulierte die Menge von Alkohol in Deutschland und der Staat regulierte die Produktion. Durch den Fall des Monopols ist der Weltmarkt nun offen.
Zukünftig wird es Deutschland zwar noch Alkohol geben, aus Abfallprodukten, chemisch gereinigt, oder aus Zuckerrohr. Und natürlich der Korn von Johannes Böckenhoff in Erle: Hier wird auch weiterhin nach alten Traditionen selber gebrannt.
Fakten zum Branntweinmonopol in Deutschland
Zurückzuführen ist das Deutsche Branntweinmonopol auf die preußische Alkohol- markt- und Agrarpolitik. Die ersten Bemühungen, ein Staatsmonopol zu schaffen, gehen zurück auf die Zeiten Bismarcks, des ersten Reichskanzlers, der 1886 den ersten Entwurf eines Branntweinmonopols vorlegte.
Branntweinabgaben wurden in Deutschland bereits Anfang des 16. Jahrhunderts erhoben (“Bornewyn-Zins” der Stadt Nordhausen 1507). Der Steuersatz wurde entweder nach der eingesetzten Rohstoffmenge oder der Leistungsfähigkeit der Brennblase (“Blasenzins”) erhoben. Preußen führte 1820 die sog. “Maischbottich- steuer” ein.
Im Jahre 1887 wurde nach Überwindung erheblicher politischer und wirtschaftlicher Gegensätze das Reichsbranntweinsteuer-Gesetz verabschiedet. Damit waren zwei wesentliche Voraussetzung für das spätere Branntweinmonopol-Gesetz geschaffen: Nämlich die Beschränkung der Erzeugung (Kontingente) und der Verschluss der Brennereien (Plomben, Sammelgefäße, Messuhren).
Das von Kaiser Wilhelm dem Zweiten am 26. Juli 1918 unterzeichnete erste Branntweinmonopol-Gesetz trat am 1. Oktober 1919 in Kraft.
(Quelle: Brennereiverband)