50 Jahre kommunale Neugliederung – Emotionale Momente im Rittersaal
Im Rittersaal des Schlosses Raesfeld wurde Karl-Heinz Tünte am Freitag feierlich zum Ehrenbürger von Raesfeld ernannt. Der Ehrenbürgermeister der Gemeinde, Udo Rößing, hielt die Laudatio. Der Gemeinderat hatte die Auszeichnung zuvor einstimmig beschlossen – als Würdigung für ein außergewöhnliches Lebenswerk.

Ein Leben für die Gemeinde
„Karl-Heinz Tünte hat sich über mehr als fünf Jahrzehnte ehrenamtlich für seinen Heimatort Raesfeld eingesetzt“, so Rößing. Schon vor der kommunalen Neugliederung 1975 habe er an einem Zusammenschluss der Ortsteile Raesfeld, Erle und Homer mitgewirkt. Bei der ersten Kommunalwahl der neuen Gemeinde sei er mit nur 26 Jahren in den Rat eingezogen.

Mit ruhiger Hand habe er die Aufbauarbeit begleitet. Als es um den Bau eines Rathauses gegangen sei, habe er den Standort auf dem Gelände der alten Weberei Becker unterstützt – trotz kontroverser Diskussionen. Mit dem Einzug 1983 habe die Zentrumsentwicklung Fahrt aufgenommen. „Ich erinnere mich an viele gemeinsame Wegstrecken mit Karl-Heinz – manche politisch herausfordernd, viele menschlich bereichernd.“
Gemeinde Raesfeld – Aufbauarbeit mit Weitblick
Die Anfangsjahre nach der Neugliederung hätten den jungen Gemeinderat vor große Aufgaben gestellt. Verwaltung und Struktur mussten aufgebaut, Vertrauen geschaffen werden. Der Bau des Rathauses auf dem Gelände der ehemaligen Weberei Becker sei ein wichtiger Schritt gewesen – ein Projekt, das von Tünte mitgetragen worden sei. Es folgten weitere zentrale Entwicklungen im Ortskern. „Er hatte stets den Blick für das Ganze – auch über Fraktionsgrenzen hinweg. Gerade das habe unsere Ratsarbeit geprägt.“

Entwicklung mit Maß und Ziel
Auch in Erle sei der Wandel spürbar gewesen: Straßenbau, neue Baugebiete, Kindergärten, Schule, eine neue Sporthalle – stets mit dem Ziel, das Dörfliche zu bewahren. Rößing betonte, dass Tünte ein ausgewogenes Ortsbild wichtig gewesen sei. Gleichzeitig habe er darauf geachtet, dass die Gemeinde ihren dörflichen Charakter bewahre: „Keine Pseudo-Stadt, sondern ein lebenswerter Raum für alle Generationen.“
34 Jahre CDU-Fraktionsvorsitz
1984 hat Tünte den Fraktionsvorsitz der CDU übernommen – ein Schritt, zu dem ihn der 2024 verstorbene Reinhard Kipp ermutigt habe. „Dass Reinhard Kipp ihm 1984 den Fraktionsvorsitz anvertraute, war nicht nur eine politische Zäsur, sondern auch Ausdruck großen Vertrauens.“
In den 34 Jahren als Fraktionsvorsitzender habe er nicht nur parteipolitisch gedacht, sondern konsensorientiert agiert. Rößing sagte: „Er war ein Mann der Zusammenarbeit. Sachlich, verbindlich, und offen für gute Ideen – egal von wem sie kamen.“

Ehrenamt mit Haltung
Auch abseits der Politik sei Tünte in zahlreichen Vereinen aktiv – vom Jugendwerk bis zum Orgelbauverein, vom Büchereibeirat bis zur Familienforschung. Besonders am Herzen liege ihm der Heimatverein Raesfeld, wo er federführend das Bildarchiv und die Ahnenforschung mitgestalte. Dass Karl-Heinz über Jahrzehnte das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger geschenkt bekam, spricht für sich – und für seine Verlässlichkeit.“
Gemeinsam mit Rößing habe er unter anderem an der Sicherung des Fotonachlasses von Ignaz Böckenhoff gearbeitet – eine Leidenschaft, die beide verbinde.

„Heute ist für mich ein Tag der Dankbarkeit“- Rückblick mit Ehrlichkeit
In seiner Rede zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde sprach Karl-Heinz Tünte bewegend über Verantwortung, persönliche Wegmarken und seine tiefe Verbundenheit mit der Gemeinde Raesfeld. Der langjährige Kommunalpolitiker zeigte sich dankbar – und auch selbstkritisch.

„Diese Auszeichnung bedeutet mir mehr, als ich in Worte fassen kann“
„Mir ist heute eine ganz besondere Auszeichnung zuteilgeworden“, eröffnete Tünte seine Rede. „Die Gemeinde Raesfeld – beziehungsweise Sie, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen – haben mir die Ehrenbürgerwürde verliehen. Das kam für mich völlig unerwartet – aber ich sage es aus tiefstem Herzen: Es ist eine unbeschreiblich ehrenvolle Auszeichnung.“ Dass diese Würdigung ausgerechnet von seiner Heimatgemeinde komme, berühre ihn besonders: „Bitte verzeihen Sie mir, wenn mich das emotional erfasst – aber genau das tut es.“
Rückblick mit Ehrlichkeit
Der Geehrte nannte die Auszeichnung „unerwartet, aber unwahrscheinlich wertvoll“ – und nutzte die Gelegenheit für einen offenen Rückblick auf bewegte Jahrzehnte in der Kommunalpolitik.
„Es hat Themen und Aufgaben gegeben, die mich über viele Jahre nicht losgelassen haben – einige davon haben mich sogar stark beschäftigt, ja, manchmal auch belastet“, sagte Tünte. Auch schwierige Entscheidungen seien Teil seines politischen Alltags gewesen. „Mit dem Wissen von heute würde ich manches anders, vielleicht auch besser machen.“
Engagement aus Überzeugung
Sein Einsatz für Raesfeld, Erle und Homer sei nie Selbstzweck gewesen. „Ich habe mich mein ganzes Leben lang mit dieser Gemeinde identifiziert“, sagte Tünte. Über 50 Jahre habe er im Gemeinderat mitgewirkt, sich für Vereine, Institutionen und Menschen eingesetzt – oft mit Herzblut, manchmal auch ungefragt.

„Was ich getan habe, war für mich meist selbstverständlich“, erklärte er. „Es war das Gefühl, hier vor Ort gemeinsam mit vielen Gleichgesinnten etwas bewegen zu können. Das hat mich getragen – und auch angetrieben.“ Immer wieder habe er neue Ideen entwickelt, Bestehendes hinterfragt und angepackt. „Nicht alles war einfach – aber fast alles hat mir Freude gemacht.“
Dank für eine besondere Ehre
Tünte bedankte sich bei allen, die sich für die Verleihung der Ehrenbürgerwürde eingesetzt hatten. Auch wenn er nicht alle namentlich nennen könne, sei es ihm wichtig, einzelne besonders hervorzuheben.

Erinnerung an Reinhard Kipp
Mit großer Ernsthaftigkeit erinnerte Tünte an Reinhard Kipp, der am 4. September 2024 verstorben ist. „Reinhard hat mir 1984 im Namen der CDU-Fraktion angetragen, seine Nachfolge als Fraktionsvorsitzender anzutreten – ein prägender Moment für mich. Ich hätte ihm heute gerne persönlich gedankt.“

Freundschaft über Grenzen hinweg
Besonders erfreut zeigte sich Tünte über den Besuch aus der niederländischen Partnergemeinde Wehl. „Joop Buiting und seine Frau sind heute hier – uns verbindet eine langjährige Freundschaft über Grenzen hinweg. Danke, dass ihr mir heute die Ehre gebt.“
Dank an alle, die ihn begleitet haben
Zum Abschluss richtete Tünte den Blick auf die vielen Menschen, die ihn über die Jahre unterstützt haben: „Danke an alle Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter, die mich viele Jahre lang begleitet und mir in vielfältiger Weise geholfen haben.“
Einen ausdrücklichen Dank richtete er an die Wegbegleiter – vor allem aber auch an seine Familie, die ihm, wie er sagte, „in der Zeit einer schweren Krankheit zur Seite gestanden“ habe.

Und ein besonderer Dank galt den Bürgerinnen und Bürgern: „Danke an alle, die mir bei mehr als zehn Gemeinderatswahlen ihr Vertrauen geschenkt und mich in den Rat gewählt haben. Sie haben mir die Möglichkeit gegeben, für Sie da zu sein – und das war mir immer Ehre und Verpflichtung zugleich.“

Mit dem Wissen von heute würde ich manches anders, vielleicht auch besser machen.
Ehrenbürger Karl-Heinz Tünte





