Peter Malzbender fordert entschlossenes Handeln: „Gloria soll ‚gekillt‘ werden, wenn sie es denn war“, so Peter Malzbender, NABU Vorsitzender Kreis Wesel. Das schönere Wort „Entnahme“ lehnte er ab.
Diese klare Forderung verdeutlicht die angespannte Lage für die Schafhalter in der Region. Die jüngsten Wolfsrisse haben die Debatte um den Schutzstatus des Wolfes erneut angefacht und zeigen den dringenden Handlungsbedarf auf.

Unter dem Titel „Hat die Schafzucht am Niederrhein noch Zukunft?“ luden betroffene Weidetierhalter aus dem Kreis Wesel zu einem Pressegespräch auf den Hof der Familie Specht in Gartop-Bühl am Donnerstag (29.8.) ein.
Wie können Schafhalter ihre Tiere schützen?
Stephan Steinkühler moderierte das Gespräch und stellte die zentrale Frage: Wie können Schafhalter ihre Herden schützen? Anwesend waren Vertreter aus Politik und Naturschutzverbänden sowie der Schafzüchter Erich Specht und sein Sohn Moritz, die die aktuellen Herausforderungen der Schafzucht in der Region diskutierten.
Anlass des Treffens waren die jüngsten Wolfsrisse, bei denen Erich Specht sieben Zuchtschafe in jüngster verloren hat. Zuletzt am 24. und 25. August. Jahrzehntelang weideten die Schafe friedlich in den Lippeauen, doch die zunehmende Wolfspräsenz stellt die Züchter vor existenzielle Herausforderungen.

Schutzmaßnahmen am Limit
Erich Specht schilderte die Situation eindrucksvoll. Seit dem Auftauchen der Wölfin im Jahr 2018 wurden umfangreiche Schutzmaßnahmen ergriffen. „Wir haben alle Flächen und Gebäude mit Herdenschutzzäunen versehen“, erklärte Specht. Diese Maßnahmen kosteten bereits rund 50.000 Euro, von denen nur 20.000 Euro durch Materialförderung gedeckt wurden. Bis 2023 seien die Kosten auf insgesamt 60.000 Euro angestiegen, mit zusätzlichen 7.000 Euro allein in diesem Jahr für die Erneuerung und Pflege der Zäune. Diese Summe übersteigt die bisherigen Unterhaltungskosten von 3.000 bis 5.000 Euro deutlich.

Maximum an Schutzmaßnahmen erreicht
Trotz dieser Maßnahmen gelang es einem oder mehreren Wölfen, die 1,20 Meter hohen Zäune zu überwinden. „Wir haben das Maximum an Schutzmaßnahmen erreicht“, so Specht. Die Frage, wie die Tiere nachts noch besser geschützt werden könnten, blieb unbeantwortet. Höhere Zäune, insbesondere in Naturschutzgebieten, seien problematisch. Auch der Einsatz von Herdenschutzhunden wurde als keine universelle Lösung angesehen, da ihr Einsatz vom jeweiligen Betrieb abhänge.

Keine schnellen Lösungen in Sicht
Im Verlauf des Pressegesprächs herrschte Einigkeit darüber, dass es aktuell keine sofort umsetzbaren Maßnahmen für die betroffenen Schafzüchter gebe. Der bestehende Wolfsmanagementplan in Nordrhein-Westfalen stammt aus dem Jahr 2016 und bezieht sich nur auf durchziehende Wölfe, obwohl mittlerweile feste Rudel in der Region leben. Seit 2016 habe es in diesem Bereich keine Weiterentwicklung gegeben, was starke Kritik hervorrief. Die passive Herangehensweise des Landes beim Wolfsmanagement wurde als unzureichend und reformbedürftig bezeichnet.

Forderung nach Anpassung des europäischen Schutzes
Ein zentraler Konsens unter den Teilnehmern war die Forderung nach einer Anpassung des Schutzstatus des Wolfes auf europäischer Ebene. In anderen Ländern ist es unter bestimmten Bedingungen möglich, Wölfe zu entnehmen, während dies in Deutschland derzeit nicht erlaubt ist. „Alle politischen Ebenen – ob Landes-, Bundes- oder europäische Ebene – müssen aktiv werden, um den Weidetierhaltern den notwendigen Schutz zu bieten“, lautete die einhellige Meinung.

Malzbender fordert: Problemwolf Gloria bei Nachweisen abknallen
Besonders kontrovers wurde die Situation um die auffällige Wölfin Gloria diskutiert. Peter Malzbender, Kreisvorsitzender des NABU Wesel, äußerte sich diesmal ungewöhnlich deutlich. „Gloria soll ‚gekillt‘ werden, wenn sie es denn war“, so Peter Malzbender, NABU Vorsitzender Kreis Wesel. Das schönere Wort „Entnahme“ lehnte er ab. Natürlich nur dann, sofern der gesetzliche Rahmen dies zulasse.
Zum ersten Mal stellte sich Malzbender offen auf die Seite der Schafzüchter und Weidetierhalter. Allerdings blieb offen, ob tatsächlich mehrere Rudel in diesem Gebiet beheimatet seien, wie Stephan Steinkühler vom Bürgerforum Gahlen Wolf betonte. Malzbender forderte zudem ein professionelles Monitoring: „Wir brauchen ein Monitoring, das von Amts wegen erfolgen muss, damit wir überhaupt wissen, worüber wir sprechen.“

Rechtliche Hürden blockieren den Schutz der Weidetiere
Klaus Horstmann vom Kreis Wesel, Fachbereich Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd und Fischerei, wies auf die rechtlichen Hindernisse hin, die den Schutz der Schafhalter erschweren. Viele der auf Grundlage des Beschlusses der Umweltministerkonferenz erlassenen Verfügungen würden von Gerichten wieder einkassiert. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem Fall aus Österreich, das besagt, dass Wölfe nicht erschossen werden dürfen, verdeutliche die Schwierigkeit, einen Wolf zur Entnahme freizugeben. Horstmann betonte, dass Gesetze von oberster Ebene angepasst werden müssten, um rechtliche Grundlagen zu schaffen, die vor Gericht Bestand haben. Bisher wurden alle entsprechenden Verfügungen gerichtlich gekippt.
