Zwischen Weiden und am Rande von Raesfeld im westlichen Münsterland, liegt ein Ort mit Geschichte und Charakter: das Gestüt Isselhook.
Auf viele züchterische Erfolge kann das Gestüt in der Vergangenheit zurückblicken. Seit mehr als vier Jahrzehnten werden hier Trakehner mit Leidenschaft und Fachkenntnis gezüchtet – mit besonderem Augenmerk auf Vielseitigkeit, Charakter und Qualität.
Zahlreiche gekörte Hengste, prämierte Stuten und erfolgreiche Sportpferde stammen aus der Zucht von Inge und Frank Weißkirchen. Einige von ihnen haben es bis aufs Siegertreppchen nationaler Meisterschaften und sogar auf internationale Turnierplätze geschafft.

Ein Ort, der nach Heimat riecht
„Auf dem Rücken der Pferde liegt das Glück der Erde“ – ein Spruch, den viele kennen. Und manchmal fühlt er sich einfach wahr an. Schon beim Betreten des Gestüts Isselhook in Raesfeld war es da, dieses Gefühl.
Der Duft von Heu, das satte Grün der Weiden und der Blick neugieriger Pferdeaugen ließen Alltag und Zeit in den Hintergrund treten. „Willkommen“, rief mir Inge Weißkirchen entgegen, während ihr Mann Frank schon zur Stallgasse deutete. Zeit für einen Rundgang – und viele Fragen.

45 Jahre Leidenschaft: Die Geschichte des Gestüts
Das Gestüt Isselhook blickt auf über vier Jahrzehnte Geschichte zurück. „Mein Schwiegervater Josef Schmelting hat das hier aufgebaut – in den späten Siebzigern, mit sehr viel Herzblut“, erzählt Frank Weißkirchen.
Als einer der bekanntesten Züchter Westfalens hatte Schmelting damals Trakehner, Rheinländer und Westfalen im Stall. Seit 2003 führen Inge und Frank den Betrieb – und entschieden sich nach einiger Zeit bewusst, den Fokus zu setzen: „Wir wollten mit der Rasse weiterzüchten, die uns wirklich ans Herz gewachsen ist – das waren die Trakehner.“

Trakehner – edle Athleten mit Charakter
Die Trakehnerzucht ist etwas Besonderes – nicht nur, weil die Rasse eine lange Geschichte hat, sondern auch, weil die Zucht strengen Regeln folgt. „Reinzucht bedeutet, dass nur Trakehner untereinander oder mit bestimmten Edelrassen gekreuzt werden dürfen. Sonst gibt es keine Trakehnerpapiere“, erklärt Weißkirchen. Der genetische Pool sei dadurch kleiner – eine Herausforderung, aber auch ein Qualitätsmerkmal.

Die Anforderungen an die Zuchtstuten sind klar: korrekt im Körperbau, gesunde Beine, ausdrucksstarke Bewegungen. „Wir achten sehr auf Blutanteile – vor allem das englische Vollblut bringt wichtige Eigenschaften wie Härte, Ausdauer und Temperament“, so der Züchter.
Auch zwei eigene Vollblutstuten zählen zur Herde. Eine davon brachte kürzlich das erste potenzielle Rennpferd des Gestüts zur Welt. „In zwei Jahren könnte es auf der Rennbahn stehen – das wäre Neuland für uns.“

Der Weg zum Sportpferd
Trakehner sind nicht nur schön, sie sind leistungsfähig – ideal für die Vielseitigkeit. „Die Pferde müssen drei Disziplinen abdecken: Dressur, Springen, Gelände. Dafür braucht es neben Technik auch Nervenstärke, Mut und Intelligenz.“
Die Fohlen bleiben rund sechs Monate bei ihren Müttern, bevor sie zur Aufzucht auf ein 300 Hektar großes Gelände in Sachsen-Anhalt wechseln. „Dort wachsen sie artgerecht auf, in der Herde, bis sie dreijährig zurückkommen.“

Der Zuchtstolz ist spürbar. „Isselhook’s Outstanding – unser selbst gezogener Wallach – war Dritter beim Bundeschampionat, das war ein ganz großer Moment.“ Auch Isselhook’s First Sight TSF, gekauft als Fohlen und später Deutscher Meister, bleibt unvergessen. „Wenn bei der Siegerehrung die Nationalhymne für ein eigenes Pferd erklingt – das ist emotional kaum zu übertreffen.“

Ausbildung mit Fingerspitzengefühl
Die Ausbildung der jungen Pferde beginnt vorsichtig: longieren, Ausrüstungsgewöhnung, erste Reiterkontakte. „Nicola Lauer, unsere Bereiterin, macht das mit einer solchen Ruhe und Pferdekenntnis, dass ich ihr jedes einzelne Tier mit bestem Gewissen anvertraue“, sagt Frank Weißkirchen.
Nach dieser Phase folgt die sportliche Weichenstellung – Dressur, Springen oder Vielseitigkeit. Die besten Talente wechseln dann in den Sportstall von Sophie Leube, die mit den Isselhook-Pferden bereits mehrfach Meistertitel erritten hat.

Zwischen Pferdeherz und Weltnetz
Frank Weißkirchens Alltag besteht nicht nur aus Stallarbeit. „Ich telefoniere täglich mit Kunden aus aller Welt – von Neuseeland bis Kanada.“ Auch wenn es geschäftlich ist – die Leidenschaft spricht aus jedem Wort.
Den Kontakt zu seinen Pferden lässt er sich dennoch nicht nehmen: „Ich gehe zu ihnen, spreche mit ihnen, beobachte sie. Das ist keine Arbeit – das ist Verbindung.“ Besonders verbunden ist er mit Hengst Tabaluga. „Er ist jetzt 32, war in allen Disziplinen erfolgreich – so ein Pferd begegnet dir nur einmal im Leben.“

Tierwohl ist kein Trend, sondern Prinzip
Wenn Frank Weißkirchen über Tierwohl spricht, wird er ernst: „Ich würde niemals ein Pferd auf ein Turnier oder eine Veranstaltung schicken, wenn es nicht 100 Prozent fit dafür ist. Punkt.“ Die Vielseitigkeit verlange gegenseitiges Vertrauen. „Wer sein Pferd wie ein Sportgerät behandelt, wird im Gelände nicht weit kommen.“
Auch auf dem Gestüt Isselhook hat Verantwortung oberste Priorität. „Wenn sich ein Pferd nur eine Kleinigkeit zuzieht, bleibt es zu Hause“, betont er. Die tägliche Nähe zu den Tieren sei dabei entscheidend: „Ich sehe sofort, wenn etwas nicht stimmt – und dann wird nicht geritten, nicht verladen und nicht gestartet.“

Die Diskussion um Tierwohl im Reitsport beobachtet Weißkirchen mit Sorge. „Einige schwarze Schafe haben das Image beschädigt – dabei gibt es so viele gute, verantwortungsvolle Reiter.“ Genau das zeigt sich aktuell auch auf internationaler Ebene: „Am kommenden Wochenende finden die Badminton Horse Trials in England statt – das schwerste Vielseitigkeitsturnier der Welt. Fünf Sterne, höher geht es nicht.“
Viele Reiterinnen und Reiter, die genannt waren, hätten bereits im Vorfeld zurückgezogen – wegen kleinster Auffälligkeiten. „Eine kleine Macke, ein vages Gefühl – und sie sagen: Nein, ich starte nicht“, berichtet Frank Weißkirchen. „Diese Reiter horchen in ihr Pferd hinein – so wie ich es auch täglich tue. Das ist wahres Tierwohl.“

Nachwuchszucht in schwierigen Zeiten
Die Herausforderungen in der Pferdezucht und im Reitsport sind derzeit erheblich – und sie machen auch vor engagierten Betrieben wie dem Gestüt Isselhook nicht halt.
„Die Zucht ist momentan von extrem hohen Kosten geprägt“, sagt Frank Weißkirchen. „Besonders die neue Gebührenordnung für Tierärzte, die sogenannte GOT, hat zu Preissteigerungen von bis zu 300 Prozent geführt.“ Viele seiner Kollegen könnten sich die Zucht schlicht nicht mehr leisten. „Sie ist für viele nicht mehr rentabel und dadurch auch nicht mehr bezahlbar. Deshalb hören immer mehr auf.“
Im Jahr 2024 sei die Zahl der Zuchtstuten in Deutschland bereits um rund 20 Prozent zurückgegangen. „Ich glaube, dass sich dieser Abwärtstrend 2025 noch einmal fortsetzen wird – und das macht mir wirklich Sorgen.“ Die Kunden zeigten zwar Interesse, seien aber oft nicht bereit, die gestiegenen Kosten mitzutragen. „Viele möchten nach wie vor günstig kaufen, obwohl wir deutlich höhere Ausgaben haben.“

Auch der Reitsport stehe unter Druck – weniger finanziell, dafür umso mehr in der öffentlichen Wahrnehmung. „Das Image des Reitsports ist derzeit nicht das beste“, räumt Weißkirchen ein.
„Das liegt leider auch an einigen sehr üblen Einzelfällen.“ Prominente Reiterinnen und Reiter, die schlecht mit ihren Pferden umgingen, hätten ein verzerrtes Bild vermittelt. „Dabei gibt es so viele, die es richtig machen – mit Gefühl, Respekt und Fachwissen.“
Mit Herz und Hand: Nachwuchsarbeit auf dem Gestüt
Dennoch bleibt das Ehepaar Weißkirchen engagiert – vor allem, wenn es um den Nachwuchs geht. „Wir fördern junge Menschen, die Interesse zeigen. Unsere Helferin Malina Schleking aus Raesfeld ist ein tolles Beispiel – sie will lernen, fragt viel, und wir geben das Wissen gern weiter.“
Als internationaler Zuchtrichter bringt Frank Weißkirchen jahrzehntelange Erfahrung mit – und den Wunsch, diese weiterzugeben: „Wir brauchen junge Leute mit Herz für Pferde – und wir müssen sie dafür begeistern.“

Große Momente – und stille Wunder
Einen schönsten Moment? Den gibt es nicht. Dafür viele. „Der Bundeschampionats-Sieg, die Geburten unserer Fohlen, der Moment, wenn man sieht: Dieses Pferd vertraut dir. Das sind Höhepunkte.“
Besonders berührend: das Heranwachsen der Fohlen. „Wenn das Fohlen fällt, der erste Atemzug, das Aufstehen – da bleibt jedes Mal das Herz stehen. Auch nach all den Jahren.“ Und dann ist da noch dieser eine Satz, den Frank Weißkirchen gerne zitiert:
„Das Äußere eines Pferdes hat etwas, das dem Inneren eines Menschen guttut.“
„Das Äußere eines Pferdes hat etwas, das dem Inneren eines Menschen guttut
Frank Weißkirchen

