Am Freitag, dem 23. März 1945, wurde Erle von Bomben schwer getroffen. Der Ortskern erlitt erhebliche Zerstörungen, und sogar der Erler Kirchturm stürzte im Laufe des Tages ein. Nach fast acht Jahrzehnten gedachte die Gemeinde diesem tragischen Ereignis mit einer besonderen Feier.
Am Sonntagnachmittag kamen rund 120 Interessierte zu einer Gedenkfeier in die Kirche, um gemeinsam mit dem Erler Heimatverein und Diakon Klaus Elsner der Bombardierung Erles zu gedenken.
Es war ein wunderschöner, sonniger Frühlingstag, erinnert sich Getrud Cluse, geb. Wellmann, die als Zeitzeugin jene Ereignisse miterlebte. Die damals Fünfjährige hatte vor, wie gewohnt, mit ihrer Freundin Hedwig draußen zu spielen. „Unsere Mütter waren sich aber an diesem Tag einig, dass wir Kinder den Hof nicht verlassen durften. Sie hatten wohl so eine Ahnung“, berichtet Cluse.
Rauch aus der Kirchturmspitze
Hedwig Rentmeister, geborene Willing, eine weitere Zeitzeugin, erzählt ebenfalls von diesem Tag. Sie stand traurig in der Haustür, weil sie nicht mit ihrer Freundin spielen durfte. In diesem Moment sah sie plötzlich weißen Rauch aus der Kirchturmspitze aufsteigen. „Ich hatte weder Flugzeuge noch Bomben gehört“, sagt sie. Dieser Tag blieb beiden Frauen als ein Moment der Angst und Unsicherheit tief in Erinnerung.
Und was geschah nach der Bombardierung?
Die Erinnerung von Elisabeth Kuhlmann, geb. Pieper, trug Ingrid Horstmann vor:
Von Kuhlmann Telm aus sahen wir, wie Rauch aus dem Turm unserer Kirche drang. Erst jetzt wurde uns klar, dass die Flugzeuge unsere Kirche getroffen hatten. Wir liefen, als die Flugzeuge weg waren, ins Dorf. Aus der Kirche schlugen lichterloh die Flammen. In unserem Haus waren durch die Explosionen die meisten Fensterscheiben zerstört. Die Türen und Rolladen hingen schief in den Angeln. Da wir weitere Angriffe befürchteten. Versuchten wir in aller Eile das Nötigste aus dem Haus zu schaffen. Vom mittlerweilen nach draußen getragenen Schieferstückchen herab und brannten Löcher in die mitgebrachten Kirchturm flogen glühende Schieferstückchen herab um die Erde, um die Brände zu löschen. Jetzt kamen auch die ersten Helfer aus der Westrich, um der Feuerwehr beim Löschen zu helfen. Trotz aller Bemühungen fingen einige Häuser in der Nähe des Kirchturms Feuer.
Erinnerungen von Ludwig Schwering
Carlo Behler vom Heimatverein trug die Erinnerungen von Ludwig Schwering vor, der an diesem Morgen Kommunionunterricht bei Pastor Großfeld in der Kirche hatte und der Pastor plötzlich sofort den Unterricht beendete. „Niemand kann bis heute sagen, woher der Pastor die Ahnung hatte, dass was Schlimmes passieren würde“, so Behler.
Gegen das Vergessen
Für Carlo Behler als Historiker sei so ein Gedenkgottesdienst allein wichtig, damit die Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten, aber auch sei es in der heutigen Zeit ein wichtiges Thema. „Besonders jetzt, wo wieder Kriege aufflammen, steht das der älteren Generation direkt vor den Augen und das Schrecken kommt wieder hoch“.
Diakon Klaus Elsner misst solchen Gedenkveranstaltungen ebenfalls große Bedeutung bei. Er sieht die Welt aktuell am „Vorabend“ weiterer Kriege. „Ich möchte daran erinnern, was passieren kann, wenn Gesellschaften zu lange zögern, rechtzeitig gegen Hass und Unfrieden vorzugehen“, so Elsner.
Gedenkgottesdienst: Erinnerung und Mahnung
Der Gedenkgottesdienst sei nicht nur eine Hommage an die zahlreichen Opfer vergangener Tragödien, sondern auch eine Erinnerung an fortwährende Feindschaft und Hass. Des Weiteren solle er zur Reflexion über aktuelle globale Konflikte anregen, wie beispielsweise die anhaltenden Auseinandersetzungen in der Ukraine und die Spannungen zwischen der Hamas und Israel. Behler weist darauf hin, dass der Konflikt im Nahen Osten, der nun bereits 75 Jahre andauert, erneut in Gewalt, Tod und Zerstörung eskaliere.