Gemeinde Raesfeld ist, was die Aufnahme von Flüchtlingen anbelangt, am Limit. Als größter Vermieter weit und breit wird es bald keine Unterbringungsmöglichkeiten für Schutzsuchende mehr geben.
Über die aktuelle Flüchtlingssituation in der Gemeinde Raesfeld berichtete der Leiter des Ordnungsamtes Norbert Altrogge in der heutigen Ratssitzung. Und diese belegen deutlich, wie sich die Situation in der Gemeinde zuspitzt.
Aktuell leben in der Gemeinde Raesfeld 304 Flüchtlinge. Diesen teilen sich auf in ein Drittel Ukrainer und ein Drittel Syrer.
Insgesamt gibt es in der Gemeinde 32 Männer, 51 Frauen und 77 Kinder aus der Ukraine. Darüber hinaus gibt es unter anderem noch Flüchtlinge aus Afghanistan (6%), Serbien (6%) und der Türkei (6%).
Bei den Flüchtlingen aus der Ukraine seien mehrere Familien im Sommer und in den Herbstferien für ein bis zwei Wochen in ihre Heimat zurückgefahren, um die Familien und Väter wiederzusehen. Bis auf eine Familie, die hier nicht klargekommen sei, kehrten alle nach Raesfeld zurück.
Riesengroße Herausforderung
Die Situation stelle die Gemeinde vor einer riesengroßen Herausforderung mit nicht absehbarem Ausmaß, so Altrogge. Die Situation habe auch in der Verwaltung zu personellen Veränderungen geführt. So wurde beispielsweise eine Mitarbeiterin von der Verwaltung damit beauftragt, sich nur noch um das Immobilien-Management zu kümmern.
„Wir sind als Gemeinde Raesfeld der größte Vermieter in der Region. Keiner ist größer als wir“, fügte Ordnungsamtsleiter Altrogge hinzu.
Aktuell stellt die Gemeinde 28 eigene Unterkünfte aus Eigentum, Mietwohnungen und Altbestand für Flüchtlinge zur Verfügung. Das sind 24 Häuser für 280 Flüchtlinge in Raesfeld, zwei in Erle für 16 Flüchtlinge. In Homer leben acht Flüchtlinge in zwei Wohnungen.
Mehr Flüchtlinge als 2015
Im Vergleich: 2013 waren es noch vier gemeindliche Unterkünfte mit 106 Flüchtlingen. Im Jahr 2015 waren 235 Flüchtling auf neun Unterkünfte verteilt.
Mittlerweile werde ein Zimmer von drei Personen belegt. Durch die ständigen Neuankömmlinge müsse die Verwaltung koordinieren, wo überhaupt noch ein Bett frei sei. Das führe auch schon mal zu Konflikten, sodass es hier auch Umzüge gebe.
Insgesamt 231 Flüchtlinge seien mittlerweile anerkannt. Hinzu kommen noch 100 Flüchtlinge, die es geschafft haben, ihren Lebensunterhalt selbst zu finanzieren und in eigenen Wohnungen leben.
Abgängige Häuser
Ein weiteres Problem sei auch die teilweise Unterbringung in abgängigen Häusern wie im ehemaligen Pfarrheim in Erle oder im Hotel Epping. „Diese Häuser werden uns nicht mehr ewig zur Verfügung stehen“, so Altrogge. Hinzu kommen auch befristete Verträge mit den Vermietern. „Hier müssen die Vermieter für eine Verlängerung zustimmen. Wenn nicht, müssen wir uns selbst darum kümmern, die Menschen anderweitig bei uns unterzubringen“, ergänzt Altrogge.
Anerkannte Flüchtlinge
Was anerkannte Flüchtlinge anbelange, erhalten diese eine dreijährige Wohnsitzauflage. Dies bedeutet, dass Flüchtlinge, die heute ihre Anerkennung bekommen, für weitere drei Jahre in der Gemeinde wohnen bleiben müssen. Es denn, sie haben eine feste Anstellung in einem anderen Ort, wo ein Pendeln nicht möglich ist. Auch gebe es mittlerweile große Chancen auf Familiennachzug bei anerkannten Flüchtlingen.
Geduldete Flüchtlinge
Ein weiterer Problempunkt, welcher der Gemeinde zu schaffen macht, seien die geduldeten Flüchtlinge. Hier wurde zwar das Asylgesuche abgelehnt, aber sie können zurzeit nicht zurückgeführt werden. Die Gründe seien unterschiedlich, so Altrogge. Zum einen, weil sie krank sind oder weil sie keinen Pass mehr haben.
Gemeinde sucht weiter Wohnungen
All diese Probleme führen nun dazu, dass die Gemeinde nur noch punktuelle Unterbringungsmöglichkeiten hat. „Wir müssen jetzt zusehen, wo wir noch Person unterbringen können und wir weiterhin Leute suchen, die noch Wohnraum oder ältere Häuser haben und uns diese zur Verfügung stellen“, so Altrogge. Er jedoch habe keine große Hoffnung mehr, dass die Verwaltung von dieser Seite noch Angebote reinbekomme. Die Situation sei hier mittlerweile sehr verhalten. Und, mit Blick auf das Land NRW, rechnet die Verwaltung damit, dass der Zustrom von Flüchtlingen, unabhängig von den Schutzsuchenden aus der Ukraine, in Raesfeld in den nächsten Wochen stetig steigen wird.
Lob für das große Engagement
Bürgermeister Tesing lobte das Engagement von den rund 25 Flüchtlingshelferinnen und Helfer sowie den Flüchtlings-Paten in der Gemeinde. Unterstützung erhalten die Flüchtlinge hier unter anderem im Alltag, Fahrradkeller, Veranstaltungen, Kleiderkammer und bei Sachspenden. Wer sich hier persönlich einbringen möchte und Interesse an diese Aufgabe hat, kann sich bei Nicole Höbing melden.
Martin Tesing: „Man kann die Arbeit der Mitarbeiter und der Ehrenamtlichen nicht hoch genug schätzen, auch bei der Arbeit, die dahintersteckt. Ob wohl wir mehr Fälle als 2015 haben, geht auch heute noch alles sehr geräuschlos ab. Wir waren und sind in Raesfeld immer ganz gut aufgestellt gewesen. Deshalb kann ich nicht genug Danke sagen“.