Raesfeld feiert 125 Jahre Freiwillige Feuerwehr – mit einem Festakt, zu dem auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst anreiste. Bürgermeister Martin Tesing würdigte in seiner Ansprache den Einsatz der Wehr und sprach von einem gelebten Gemeinschaftssinn, der nicht in Zahlen zu fassen sei.
Zum 125-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Raesfeld hatte die Freiwillige Feuerwehr am Samstag zu einem offiziellen Empfang geladen. Die Veranstaltung fand im Feuerwehrgerätehaus am Rohringskamp statt und richtete sich an geladene Gäste aus Politik, Verwaltung, Vereinen und natürlich an die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr selbst.

Feuerwehr – Ein starkes Stück Heimat
Ministerpräsident Hendrik Wüst hat beim Festakt zum 125-jährigen Jubiläum der Feuerwehr Raesfeld eine ebenso nachdenkliche wie persönliche Rede gehalten. Er lobte den Einsatz der Kameradinnen und Kameraden als „ein starkes Stück Heimat“ und würdigte insbesondere das Engagement der Jugendfeuerwehr. In Raesfeld gebe es „die größte Jugendfeuerwehr im ganzen Kreis Borken – gibt’s hier überhaupt jemanden unter 18, der nicht zur Feuerwehr geht?“, fragte Wüst augenzwinkernd.

„Feuerwehr ist Teamarbeit – seit 125 Jahren“
Wüst erinnerte daran, dass sich die Technik zwar verändert habe, die Grundwerte aber geblieben seien: „Verantwortung, Kameradschaft, Einsatzbereitschaft – das war vor 125 Jahren so, und das ist heute noch so.“ Feuerwehr funktioniere nur als Team, betonte er. „Allein löschen? Ziemlich schlechte Idee.“ Und: „Wer Feuerwehr macht, der weiß, dass hinter ihm jemand steht, der einspringt, wenn’s brenzlig wird.“
Die Ausrüstung sei moderner geworden, alte Fahrzeuge hätten ihren Dienst getan. „Manche Autos von vor 25 Jahren sollten heute besser nur noch im Museum stehen“, sagte Wüst und erntete zustimmendes Lachen aus dem Publikum.

Demokratie braucht Engagement
Wüst nutzte seine Rede auch für eine deutliche politische Botschaft. Heimat, sagte er, sei mehr als nur ein Ort – sie entstehe durch Beteiligung, durch Zusammenhalt und Streitkultur. „Wie kann eine Heimat funktionieren, wenn Menschen unterschiedlich denken, unterschiedlich leben? Die Antwort ist: mit Demokratie.“

Er warnte vor Gruppen, die diese demokratische Grundlage zerstören wollten – aus politischen oder religiösen Motiven. „Da, wo Menschen zusammenkommen, ob in der Feuerwehr, im Musikverein oder beim Umweltschutz, da wächst Verständnis. Da haben spalterische Tendenzen keinen Platz.“

„Lass die in Ruhe, die dir helfen!“
Ein besonderes Anliegen war Wüst der zunehmende Mangel an Respekt gegenüber Einsatzkräften. Feuerwehrleute, Sanitäter oder Polizisten seien keine Blitzableiter für gesellschaftlichen Frust. „Du kannst den Ministerpräsidenten kritisieren – schreib mir ruhig einen bösen Brief. Aber lass doch die Leute in Ruhe, die ausrücken, wenn du Hilfe brauchst.“
Er fand klare Worte gegen Gewalt gegenüber Einsatzkräften: „Wer einer Feuerwehrfrau eine Flasche an den Kopf wirft, hat irgendwas Grundlegendes nicht verstanden. Das darf nicht zur Gewohnheit werden – das gehört angesprochen.“

„Einfach wichtig – und das wissen die Jungen auch“
Besonders freute sich Wüst über die starke Beteiligung junger Menschen in der Raesfelder Wehr. „Ich hab euch gesehen, auch wenn ihr euch alle schön in die letzte Reihe gesetzt habt“, sagte er lachend. Für ihn sei klar: „Nur wenn die Älteren ihr Wissen weitergeben und die Jungen sich dafür interessieren, bleibt die Feuerwehr lebendig.“
Raesfeld habe es geschafft, Tradition und Zukunft zu verbinden. „Feuerwehr und Raesfeld – das gehört hier einfach zusammen.“

Bürgermeister Martin Tesing: „Die Feuerwehr ist das Rückgrat unserer Gemeinde“
Nach Ministerpräsident Wüst trat Bürgermeister Martin Tesing ans Rednerpult – mit sichtbarem Stolz auf „seine“ Feuerwehr. „Die Feuerwehr Raesfeld ist mehr als eine Einsatztruppe. Sie ist das Rückgrat unserer Gemeinde – und zwar nicht nur im Katastrophenfall, sondern auch im Alltag, im Miteinander, im Gemeindeleben.“
Er würdigte das Engagement der Einsatzkräfte ausdrücklich: „Wer freiwillig nachts aufspringt, wenn der Melder geht, wer sich bei Wind und Wetter auf Übungen vorbereitet, wer auf Freizeit verzichtet, um anderen zu helfen – der verdient unser aller höchsten Respekt. Danke, dass wir uns auf Sie verlassen dürfen!“

Tesing erinnerte an die tiefe Verwurzelung der Wehr im Ort: „125 Jahre Geschichte bedeuten auch: 125 Jahre Vertrauen, 125 Jahre Verlässlichkeit.“ Viele Familien seien seit Generationen dabei. „Das ist gelebte Tradition, das ist Zusammenhalt, das ist Raesfeld!“
Vorbildliche Jugendausbildung
Besonders beeindruckt zeigte sich Tesing von der Jugendarbeit: „Ich sag’s mal so: Wer in Raesfeld in einem gewissen Alter ist und nicht bei der Jugendfeuerwehr war, gehört fast schon zur Ausnahme.“ Die Nachwuchsarbeit sei nicht nur vorbildlich, sondern auch identitätsstiftend. „Hier lernen die Jugendlichen Verantwortung, Teamgeist – und sie erleben, dass Einsatz für andere Spaß machen kann.“

Mit Blick auf das Jubiläum sagte Tesing: „Dieses Fest ist keine Selbstbeweihräucherung – es ist ein Ausdruck von Dankbarkeit. Dank an alle, die sich heute engagieren, aber auch an all jene, die das Fundament gelegt haben: frühere Wehrleiter, Gründungsmitglieder, Gerätewarte, stille Helfer im Hintergrund.“
Seine Botschaft zum Schluss war klar: „Wir als Gemeinde stehen zur Feuerwehr. Sie ist für uns keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Schatz. Und wir werden alles dafür tun, dass sie auch in Zukunft stark bleibt – für uns alle.“

Landrat Dr. Kai Zwicker: „Die Feuerwehr Raesfeld ist mehr als nur eine Feuerwehr“
Auch Landrat Dr. Kai Zwicker würdigte in seiner Rede zum 125-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Raesfeld den unverzichtbaren Dienst der Einsatzkräfte – und dankte ihnen „im Namen des gesamten Kreises Borken und, ganz in Anlehnung an die Geschichte, auch im Namen des Kaisers – Morgen!“, sagte er mit einem Schmunzeln.

Eine Institution mit Wurzeln in der Gemeinde
„Der Löschzug Raesfeld ist mehr als nur eine Feuerwehr – er ist fester Bestandteil des Lebens in unserer Gemeinde“, betonte Zwicker. Seit der Gründung im Jahr 1899 habe sich die Wehr in der Bevölkerung fest verankert. Der Geist von Zusammenhalt und Verantwortung sei über Generationen hinweg weitergegeben worden.
Retten, helfen, schützen – Tag und Nacht
Die Kameradinnen und Kameraden stünden rund um die Uhr bereit, wenn Hilfe gebraucht werde – bei Bränden, Unfällen, Unwettern oder anderen Notlagen. „Ihr Einsatz geschieht freiwillig, aber nie beiläufig. Sie setzen sich mit großem persönlichen Engagement für andere ein – auch unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen.“
Zwicker betonte, dass dieser Dienst alles andere als selbstverständlich sei. „Gerade in Zeiten, in denen Ehrenamt und Verbindlichkeit keine Selbstläufer mehr sind, zeigt Raesfeld, was möglich ist, wenn Gemeinschaft gelebt wird.“

André Szczesny: „95 Prozent der Feuerwehrleute sind Ehrenamtler – das darf man nie vergessen“
Nach den Grußworten der politischen Vertreter übernahm André Szczesny, Leiter der Feuerwehr Raesfeld, das Wort. In seiner Ansprache würdigte er das Engagement der Kameradinnen und Kameraden sowie der Partnerinnen und Partner. „Wir feiern heute 125 Jahre Feuerwehr Raesfeld – das steht für Generationen von Menschen, die sich mit Überzeugung und Verlässlichkeit für andere eingesetzt haben.“
Zehn gute Gründe für den Feuerwehrdienst
Szczesny hob hervor, dass etwa 95 Prozent der Feuerwehrleute in Deutschland ehrenamtlich tätig seien. „Das ist keine Selbstverständlichkeit. Damit der Schutz auch künftig gesichert bleibt, braucht es Menschen, die bereit sind, mitzumachen.“ Er betonte, wie wichtig motivierte Freiwillige für das System Feuerwehr seien – nicht nur im Einsatz, sondern auch in Ausbildung, Organisation und Nachwuchsarbeit.

Anhand von zehn Punkten zeigte er auf, warum sich das Engagement bei der Feuerwehr lohnt: Kameradschaft, gesellschaftliches Engagement, Schutz vor Gefahren, Vorbildfunktion, spannende Einsätze, Weiterentwicklung durch Ausbildung, Technikbegeisterung, Leidenschaft, Zugehörigkeitsgefühl und gesellschaftliche Anerkennung.
Anerkennung für Einsatz und Unterstützung
Szczesny dankte allen, die den Löschzug Raesfeld tragen – den aktiven Einsatzkräften ebenso wie den Unterstützenden im Hintergrund. „Ohne das Zusammenspiel vieler wäre dieser Dienst in dieser Qualität nicht möglich.“ Er schloss mit den Worten: „Mein Dank gilt allen Mitgliedern unserer Wehr, ihren Familien, den Fördernden und Wegbegleitern – und ich wünsche uns allen einen würdigen und stimmungsvollen Festabend.“