Ein Biker mit der Bibel in der Gepäcktasche: Leitender Pfarrer Michael Kenkel

Da schauten die Teilnehmer des Ferienlagers 2013 in Manderscheid (Eifel) nicht schlecht: Das Motorrad, das da anrollte, war unbekannt.

Der, der sich bei brütender Hitze aus der Lederkombi schälte, war auch unbekannt. Erst als die Lagerleiterinnen Maria Kruse und Dorit Göllmann den Mann herzlich begrüßten, wussten Sie, wer der Unbekannte war: Leitender Pfarrer Michael Kenkel (46) der, einer alten Regel folgend, die Feriengäste besuchte.

Da Kinder neugierig sind, hatten sie das Motorrad schnell umstellt. Die Älteren, knapp im Mofa-Alter, wären am liebsten selber Probe gefahren, aber dies war leider nicht möglich. Er wusste auch so die Kinder, auf Grund jahrelanger Biker-Erfahrung, zu unterhalten.

Auch ich fand die Tatsache eines bikenden Pfarrers äußerst interessant und wollte es genauer wissen. Ich stellte ihm in einem Interview die folgenden Fragen:

 

Relativ wenige Priester fahren Motorrad. Erzählen Sie uns, wie sie zum Motorradfahren gekommen sind!
Das kam erst relativ spät. Mit 18 Jahren habe ich meinen Autoführerschein gemacht. Ich wollte damals schon gerne einen Motorradführerschein machen, aber meine Mutter war dagegen. Die Eltern haben gesagt: „Du hast viel auf dem Bau geholfen. Aber wir finanzieren dir nur den Autoführerschein. Aber wenn du den Motorradführerschein machst, dann musst du ihn selber bezahlen.“ Erst 10 Jahre später habe ich dann den Motorradführerschein gemacht.

Welches Motorrad fahren Sie? Warum fahren Sie diese Maschine?
… Ich habe eine Behördenmaschine gekauft, eine BMW K75RT. Das ist eine Tourer, mit der man auch lange Strecken bequem fahren kann. Diese fahre ich schon seit ewigen Zeiten. Sie ist sehr langlebig und man bekommt sie nicht kaputt.

Können Sie selbst kleine Reparaturen an Ihrem Motorrad vornehmen?
Leider überhaupt nicht. So bald eine Kleinigkeit ist, fahre ich zum Händler.
Ich bin derjenige, der das Fahren mehr genießt, an statt sie auf Hochglanz zu bringen.

Können Sie Ihr Hobby „Motorradfahren“ mit Ihrer Tätigkeit als Seelsorger in Einklang bringen?
Sehr gut sogar. Ich habe gelernt, dass die Motorradfahrer sehr empfänglich sind für Fragen nach dem Sinn des Lebens. Jeder Motorradfahrer kennt einen Freund oder Bekannten, der ums Leben gekommen ist. Dann überlegt man, was kommt danach, wie geht es weiter? Von daher ist Seelsorge sehr gut möglich.

Haben Sie weitere Hobbys als Motorradfahren?
Eins, was sich sehr gut damit verbinden lässt, ist das Fotografieren.
Vorne, im Tankrucksack, führe ich die Kamera mit. Das andere Hobby, was sich herumgesprochen hat, ist das Tanzen. Ich habe früher schon ein Tanzkurs mitgemacht und so hat sich das weiter entwickelt. Ich komme gerne bei Hochzeiten oder Schützenfesten am Abend dazu, um meinem Hobby zu frönen.

Fahren Sie gerne schnell oder lieben Sie es, gemütlich zu fahren? (cruisen)*
Ich liebe das Cruisen, das passt schon. Am liebsten fahre ich durch Irland mit 60 km/h bis 80 km/h über die Landstraßen. Dann den 5. Gang einlegen, so das man in Ruhe über die kleinen Straßen fahren kann. Das ist das, was am meisten Spaß macht.
*cruisen = langsam fahren und genießen

Sagt Ihnen der Begriff „Harley Davidson „etwas? (Film Easy-Rider“, 1969)
Jeder Motorradfahrer kennt diese amerikanische Marke. Sehr schöne Motorräder, mit einem tollen Sound. Es ist etwas Nettes, mit einer Harley Davidson zu fahren. Aber sie ist nicht das richtige Motorrad für mich.

Kennen Sie den Song „Born to be wild? Er wurde bekannt durch „Easy Rider.“
Natürlich! Dieser Song kommt aus einer Zeit, wo das Motorradfahren mit der „Freiheit“ verbunden war.

Würden Sie gerne einen Schopper* fahren?
Eindeutig, nein! Ich habe in der Fahrschule auf einer Schopper gelernt. Da werden einen die Arme lang. Nach einer halben Stunde muss man eine Pause machen, weil das Sitzen unbequem wird. Das ist wirklich nicht mein Stil.
*Der Schopper ist ein Motorrad mit extrem langer Vordergabel, so dass man wie im Liegen fährt). 1969 wurden die ersten Schopper für den Film „Easy-Rider“ aus 2 umgebauten Harley Davidson gebaut.

Welche Motorradtouren haben Sie schon gemacht?  Sind Sie schon einmal die Silvretta-Höhenstraße in Österreich gefahren?
Ja, auch schon mehrfach. Das hat mir sehr viel Freude bereitet. Eine der schönsten Straßen in Europa ist der „Ring of Kerry“ in Irland, den ich auch schon selber öfter gefahren bin. Bei gutem Wetter gibt es nichts Schöneres, als diese Strecke zu fahren.

Haben Sie schon einmal an einem Biker-Treffen teilgenommen?
Ja, ich habe selber viele Biker-Treffen organisiert. Ich bin auch hier auf der Suche nach kleinen Motorradclubs, Personen oder Organisationen, die mir helfen würden, dieses hier zu organisieren. Hier im Schloss Raesfeld gibt es wunderschöne Räumlichkeiten mit dem entsprechenden Ambiente, wo man so etwas machen kann.

Werden Sie in der Biker Szene auf Ihr Amt angesprochen?
Ja, das schon. Wenn man sich entsprechend zu erkennen gibt.

Gibt es Dinge, die sie als Biker besonders im Straßenverkehr stören?
Ja, wenn man in den Kurven die gefährlichen einzelnen Leitplanken sieht, dann kriegt man schon Angst und Bange. Wenn man vor diese Leitplanken gerät, so wirkt der Pfosten wie ein Spieß. Da hat man keine Chance.

Viele Biker grüßen sich, wenn sie sich begegnen. Damit wollen sie zeigen, dass alle Biker Teil einer großen Gemeinschaft sind. Wie finden Sie das?
Selbstverständlich gut, es ist eine sehr schöne Form der Solidarität. Ich ärgere mich darüber, wenn es manche nicht tun. Wenn ein Biker an der Straßenseite steht und eine Panne hat, dann hält sofort der nächste Biker, um ihm zu helfen.

Waren Sie schon einmal als Ersthelfer an einem Unfallort? Wie ist es Ihnen ergangen?
Einmal habe ich als Ersthelfer einen schweren Unfall erlebt. Aber da waren wir sofort mit 10 Leuten. Wir haben sofort Leute aus dem Auto rausgeholt und sogar noch einen Brand gelöscht. Ich werde als Notfallseelsorger gerufen, wenn die Feuerwehr oder Polizei Unterstützung brauchen. Diese Aufgabe ist im Sinne einer Krisenintenvention zu sehen.

Können Sie eine Person in die „stabile Seitenlage“ bringen?
Ja, ich hoffe das ich das noch kann. Ich habe an vielen Erste-Hilfe Kursen teilgenommen.

Gibt es Tage, an denen Sie nicht ausfahren?
Bei starkem Regen oder wenn die Straße vom Laub rutschig geworden ist, sowie bei Glatteisbildung.

Was sagt Ihr Dienstherr, der Bischof Genn, dazu?
Nichts. Ich bin schon mal vom Generalvikariat in Münster angefordert worden. Sie suchten einen Pfarrer für einen Motorradgottesdienst. Da hat man mein Hobby für gut gefunden und man hat mich eingeschaltet.

Fahren Sie gern die kurvenreiche Strecke von Erle nach Marienthal? Legen Sie sich wie beim MotoGP in die Kurve?
Nein, ich bin die Strecke einmal gefahren, weil ich viel davon gehört habe. Es ist eine schöne Strecke, aber so in die Kurve legen, das ist nicht mein Fall.

Wir wünschen Ihnen allzeit gute Fahrt!

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