Die Untersuchung auf einen eigenständigen Erhalt der Fassade „Aelkeshof“ in Raesfeld brachte am Mittwoch neue Erkenntnisse.
Raesfeld. Auf den ersten Blick hui, auf den zweiten Blick pfui? So hätte die Überschrift lauten können, nachdem am Mittwochnachmittag im Ratssaal Dipl.-Ing. Günter Kohlruss vom Architekturbüro Meier und Kohlruss das Ergebnis und die Bewertung seiner Untersuchung, über einen Erhalt der Fassade des Aelkes Hofes, vor Vertretern der Gemeinde, Pastor Kenkel und Mitgliedern der BI vorstellte.
Dort, wo jetzt das ehemalige Hotel und Restaurant steht, möchte die Kirchengemeinde ein neues Pfarrheim, Gemeindehaus mit Saal errichten.
Bürgerinitiative setzt sich für Erhalt der Fassade ein
Die Bürgerinitiative (BI) „Rettet Aelkes“ setzt sich für einen Erhalt der Fassade ein. Vonseiten der Gemeinde wurde das Büro Meier und Kohlruss beauftragt, die Nachfolgenutzung des „Aelkeshofes“ durch das Pfarrheim St. Martin unter der Maßgabe eines Neubaus, aber unter Erhalt der Verblendfassade, zu überprüfen.
Was auf den ersten Blick wunderschön ausgesehen habe, so Kohlruss, sei dann bei näherer Betrachtung doch eher nicht so gewesen.
Alle drei Seiten des Aelkes-Hofes wurden vom Architektenbüro überprüft und untersucht. Völlig wertfrei, wie er betont.
„Als ich das erste Mal dort, völlig unvoreingenommen, vorbeifuhr, dachte ich, sieht klasse aus. Das muss unbedingt erhalten bleiben“, so Kohlruss einleitend. Nach eingängiger Prüfung lautet das Fazit der Untersuchung: Von einem Erhalt der Bestandteilfassade sollte Abstand genommen werden.
Zu teuer und zu risikoreich
Gründe dafür seien neben den hohen finanziellen Aufwand auch die Unwägbarkeiten, die beim Bestand noch auftreten können. Ein weiterer Punkt für den Nichterhalt sei die große Belastung für die Nachbarschaft während der Bauzeit und die Eingriffe in die vorhandenen Verkehrsflächen.
Darüber hinaus begründen das Alter und der Zustand der Fassade keinen schutzwürdigen Erhalt. Als Gründe führte Kohlruss unter anderem auf: Durch umfangreiche Umbauten im Inneren sind die ursprünglichen Grundrisse nicht mehr erhalten. Wände wurden teils vollständig entfernt. Durchbrüche in vielen Wänden und die fast vollständige Unterkellerung haben mit dem Ursprung des Gebäudes nichts mehr gemein.
Der Allgemeinzustand
Bei genauer Betrachtung fallen, so Kohlruss, viele kleinere bis mittlere Schäden auf, die in ihrer Anzahl dazu beitragen, dass bei einem Erhalt der Fassaden Teilbereich umfangreich saniert werden müssen.
Dazu gehören zunächst die mittels Dübel angebrachten beiden Werbeschilder mit Beleuchtung, Verkabelung sowie die Markise. Durch die zu erfolgende Demontage werden weitere Schäden sichtbar werden, ist sich Kohlruss sicher.
Neben den zahlreichen mechanischen Beschädigungen der Ziegelsteine werden auch Verfärbungen hinter den heutigen Abdeckungen zu finden sein. Dafür sprechen, so Kohlruss, Flecken im Mauerwerk, wo sich ein ehemaliger Kamin befand. Das schließe auf eine Versottung im Mauergewölbe.
Andersfarbige Steine
Besonders aber auch die unterschiedlichen andersfarbigen Steine im Eingangsbereich weisen Feuchtschäden auf und mache eine Sanierung notwendig. Hinzu kommen die nachgerüsteten Fensterbänke aller Geschosse, die grundsätzlich entfernt werden müssten. Besonders die kleineren Schäden in ihrer Gesamtzahl seien schon sehr bedeutend und zeigen beim genaueren Hinsehen den schlechten Zustand der Fassade.
So auch im Spitzgiebel, der an einigen Stelle Risse aufweist, die nicht nur durch die Fugen, sondern auch quer durch die Steine verlaufen. Hier bestehe die Gefahr eines Wassereintritts mit anschließender Beschädigung der betroffenen Bereiche. Hier müsste ein kompletter Austausch der Fugen vorgenommen werden.
Statik
Was die statische Betrachtung durch die Entkernung des Gebäudes betrifft, sei der Erhalt nicht leicht umsetzbar. Ebenfalls verwies Kohlruss darauf, dass derzeit nur die äußere Fassade und die Innenräume untersucht wurden.
Ein weiteres großes Risiko sei beim Erhalt der Fassade der Keller als Bestandsfundament. „Wann und wie die ehemaligen gemauerten Fundamente durch das heutige Kellermauerwerk ersetzt wurden, entzieht sich meiner Kenntnis“, so Kohlruss.
Hohe Kosten
Nicht zu unterschätzen seien, ergänzt Kohlruss, die Kosten für den Erhalt in Höhe von geschätzten Kosten von 342.800 Euro mit der Frage, ob dann auch wirklich alle noch nicht aufgeführten Mängel darin enthalten sind.
Mit Blick auf versteckte Kosten, die derzeit noch nicht feststellbar seien, könnte sich die Rechnung gut und gerne auf rund 530.311 Euro belaufen.
Fakt sei auch, dass bei Erhalt der Fassade die Entkernung des Gebäudes händisch vorgenommen werde müsse. Dies bedeute in der Schlussfolgerung, dass hier die anliegenden Geschäfte langfristig über Monate mit Beeinträchtigung rechnen müssten, da besonders in den Seitenstraßen viel Platz für die Abstützungen benötigt werden. Im Frontbereich sei dies noch möglich.
Erhalt der alten Ziegel
Ein Vorschlag von Arno Behring war, dass alles abgerissen werden soll und nur die alten Steine vom Mörtel und Schmutz gereinigt werden. „Diese können dann für den Neubau wiederverwendet werden“, so Behring. Rupert Koller fand die Idee nicht schlecht. „Durch die Verwendung der alten Steine für den Neubau können wir eine Verbindung von alt zu neu schaffen“.
Annette Schulz von der BI sprach sich für einen Erhalt aus, weil es eines der letzten, alten verbliebenen Häuser im Dorf sei. „Wenn man Oldtimer liebt, lebt man auch mit Mängel und alte Gebäude habe auch ihren Charme“. Allerdings könne darüber nachgedacht werden, ob man nur eine Fassade belässt. Dadurch habe man die einmalige Chance, etwas Altes in Raesfeld zu erhalten, was noch Charme habe und wovon es im Ort nicht mehr viel gebe. „Es gehört dazu auch etwas Mut und Bereitschaft hier zu investieren“.
Hier zog Kohlruss den Vergleich zum Oldtimer und den Erhalt der Fassade und sagte: „Bei einem Brutto-Betrag von rund 500.000 Euro ist dies mit wirtschaftlicher Vernunft nicht mehr vertretbar, sondern hier kommen wir in den Bereich „Hobby“.
Petra Bosse