Das neue Dorfgemeinschaftshaus soll der Mittelpunkt in Erle werden.
Nicht nur schön und multifunktional soll das neue neue Dorfgemeinschaftshaus werden. Die Initiatoren verfolgen mit dem Bau noch ein weiteres Ziel: Sie möchten damit ein völliges „Dorfsterben“ verhindern.
Die Architekten Bernfried Lammersmann und Tobias Göbel stellten bei einem Pressegespräch am Donnerstag im Rathaus die neue Erler Dorfmitte vor.
Was wird sein, wenn nichts mehr in Erle sein wird? Mit dieser Frage beschäftigte sich über Monate das Initiatoren-Team rund um das geplante genossenschaftliche Projekt der neuen Erler Dorfmitte „Dorfgemeinschaftshaus“ auf der ehemaligen Hofstelle von Johannes Böckenhoff.
Viele Pläne im Vorfeld
Im Vorfeld habe es, so Martin Tesing, Erster Beigeordneter, viele Pläne gegeben. Ursprünglich geplant sei hier nur ein Wohnhaus gewesen. „Jeder hat so seine eigenen Pläne. Erst als es der Gemeinde bekannt wurde, was jeder an unterschiedlichen Vorstellung hinsichtlich der Planung hatte, holten wir alle an einem Tisch. Wir erarbeiteten gemeinsam ein Konzept, welches allen Bürgern der Gemeinde gerecht wird. Damit hatten wir so einige dicke Bretter zu bohren“, so Tesing. Angefangen vom Immissionsschutz bis hin in Kombination mit dem geplanten Wohnhaus.
Mit im Boot sind auch die Architekten vom Dorstener Architektenbüro Thieken und Partner Bernfried Lammersmann und Tobias Göbel. Martin Tesing: „Nur gemeinsam konnten wir die Dinge so umsetzten, wofür sich das Architekturbüro Thieken stark gemacht und sich eingesetzt hat“.
Typisch münsterländische Bauweise
Wichtig für die Architekten sei, die, wie sie sagen, förmlich für die Idee brennen, dass der dörfliche Charakter durch den Neubau erhalten bleibe. „Wir haben uns an der typischen münsterländischen Bauweise orientiert“, so Lammersmann, der seinerzeit auch das Ärztehaus und den Supermarkt geplant hatte.
Dazu gehören die U-Form, der rote Klinker und die großzügigen Sprossenfenster. Der multifunktionale gestaltete Platz zwischen Wohnhaus und Remise soll den Menschen und den Vereinen, sowie den Tagesgästen einen Platz mitten im Dorf bieten. Hier können sie sich aufhalten, sich zu unterhalten und flanieren. „Das Gebäude soll modern und nicht altbacken aussehen, muss aber in die dörfliche Struktur passen“, so Lammersmann.
Ein Ort für Tagestouristen
Gemeinsam mit dem zukünftigen Betreiber André Wachtmeister haben sich die Architekten Gedanken darüber gemacht, wie hier etwas an gemütlicher Lokalität geschaffen werden kann. Das soll aber nicht nur den Bürgern aus der Gemeinde, sondern auch den zahlreichen Tagestouristen gerecht werden.
Der Gastraum an sich selber werde die gleiche Größe wie jetzt bei Arno Brömmel haben. Größer sei allerdings der angrenzende, multifunktionale Saal für 199 Besucher. Weitere Sitzgelegenheiten der Gastronomie erstrecken sich im Gebäude über zwei Etagen. „Die Größe ist perfekt für Erle“, so André Wachtmeister.
Menschen ziehen Menschen an
„Wo Menschen sind, kommen mehr Menschen hinzu“, ist sich Johannes Böckenhoff sicher. Er hat damit die Führungen in der Kornbrennerei Böckenhoff im Auge, die jährlich mehr als 7000 Menschen nach Erle anlockt.
Für diese Gäste und Gruppen soll unter anderem im Dorf mehr geboten werden. Beispielsweise ein Kornseminar, ein gemütliches Kaffeetrinken oder ein gemeinsames Essen, womit die Brennereibesucher dann ihre Tour ausklingen lassen können. „Das touristische Potenzial, alleine schon wegen der Nähe zum Ruhrgebiet enorm groß, was allerdings aktuell nicht bei Arno Brömmel geboten werden könne“, betont Andreas Grotendorst.
„Die Führungen, verbunden mit weiteren Besichtigungstouren, wie beispielsweise das Feme-Gericht, einen Ausflug zum Schloss oder Fahrradtouren durch die Region steigert die Wertschätzung für den Ort. Wir müssen die Menschen, die Erle besuchen im Ort halten“, so Grotendorst.
Status der zentralörtlichen Bedeutung
Und das gehe aber nur, wenn das Angebot entsprechend ausgebaut und interessant sei. „Davon profitieren alle Gewerbetreibende, angefangen von der Pizzeria, Preen´s Hoff, Adelheids Spargelhaus, das neue Café, der Supermarkt, aber auch für die Geschäfte in Raesfeld“, fügt Grotendorst hinzu. „Wenn wir kein Dorfleben mehr haben, wenn wir den Status der zentralörtlichen Bedeutung für weitere Entwicklungsmöglichkeiten für die regionale Planung verlieren, ziehen die Leute weg und der Ort wird mit Blick in die Zukunft tot sein“.
Eingeschlossen seien EDEKA, die Banken und die ärztliche Versorgung im Dorf. „Von diesem Projekt wird das ganze Dorf profitieren. Wir halten die Kaufkraft im Ort. Und wer möchte schon in einem Ort wohnen, wo sich nichts mehr abspielt?“, ergänzt Johannes Böckenhoff mit Blick auf das Dorfsterben vielerorts.
Noch sei das Leben in Ort lebendig. Alleine schon bedingt durch die große Anzahl von Mitgliedern im Erler Sportverein. Bewusst habe auch die Gemeinde auf die finanzielle Förderung vom Land verzichtet und sich dazu entschlossen, ein Dorfgemeinschaftshaus als Genossenschaft zu bauen. Die Fördervorgaben seien hier für ein sogenanntes „Vereinsheim“ enorm hoch. „Dann hätten wir nur eine rechteckige Kiste bauen können und kein funktionales Haus, wo sich die Menschen treffen können. Darüber hinaus hätten wir 20 Jahre eine Zweckbindung gehabt“, erklärt Tesing.
Emissionsschutz
Ein besonderes Augenmerk haben die Architekten auf das geplante Wohnhaus, besonders was den Emissionsschutz anbelangt, gelegt.
Um die Bewohner nicht in ihrer nächtlichen Ruhe durch die Lautstärke der Gaststätte und durch die Saalbesucher zu stören, wurde der Eingang zur Gastronomie auf die andere Seite zur Silvesterstraße gelegt. Darüber hinaus seien alle Aufenthaltsräume des Wohnhauses vom Dorfgemeinschaftshaus abgewandt, erklärt der Architekt Göbel die Planung. „So lässt sich die Geräuschkulisse für die Anwohner minimieren“, fügt Tesing hinzu.
Die Planung für die Neugestaltung des Femeichen- Geländes, der Kastanien-Allee stehen für das kommende Jahr an.
Der Dorfplatz rund um das neue Dorfgemeinschaftshaus und der Brennsäule, die erhalten bleiben wird, stehe, so Tesing am Ende der Kette der Planung.
Hier könne es, so Tesing einen Brunnen oder eine integrierte Wasserrinne geben, was die Attraktion für große und kleine Besucher steigert.