Champignons sind wohl die bekanntesten und beliebtesten Speisepilze überhaupt. Aber wo kommen die leckeren Knollen eigentlich her? Wachsen sie in feuchten Kellern, oder werden sie gar in großen Gruppen aus dem Wald gesammelt? Wir haben uns das einmal angesehen.
Im Volksmund auch als Egerlinge oder plattdeutsch als Schamperjung bezeichnet, hat sich der Champignon auf der ganzen Welt als begehrter Speisepilz verbreitet. Die große Nachfrage wird aber schon längst nicht mehr durch Pilzsammler auf der grünen Wiese bedient, sondern durch professionelle Zucht. Das ist allein schon deswegen sinnvoll, weil der Champignon einige sehr üble Doppelgänger hat, mit denen sich Laien schnell vergiften können. Bei Pilzen aus der Zucht kann man hingegen sicher sein, dass hier kein Knollenblätterpilz oder Karbol-Champignon für Unfrieden sorgt.
Die Wiege der Champignons
Doch wo kommen unsere leckeren Speisepilze eigentlich her? Einer, der es ganz genau weiß, ist Bernhard Möllers. Schon sein Vater hatte die Champignonzucht in Raesfeld gegründet, und inzwischen werden hier seit über 50 Jahren leckere Pilze gezüchtet. Wir durften einmal hinter die Kulissen schauen.
Es duftet nach Herbstwald
Viele Menschen haben schon einmal gehört, dass Champignons am besten auf Pferdemist wachsen. Doch wer hier herben Stallgeruch erwartet, wird überrascht sein: Als wir die Pilzzucht betreten, schlägt uns kühle, angenehm erdige Luft entgegen. Nichts riecht muffig oder stinkt. Mit geschlossenen Augen könnte man sich gut vorstellen, nach einer Regennacht durch einen ruhigen Herbstwald zu schreiten.
Die zweite Überraschung erwartet uns, als wir in einen der Anwachsräume betreten. Nicht in engen Kellerräumen oder gar in Kisten werden die Champignons herangezogen, sondern in langen Stellagen. Drei 13 Meter lange und 134 Zentimeter breite Bahnen trägt jedes Regal. Doch von Pilzen ist noch nichts zu sehen. Dafür füllt eine dunkle, erdige Masse mit seltsamen weißen Stellen die Behältnisse.
Von Bernhard Möllers erfahren wir, worum es sich handelt. „Das hier ist das Substrat, auf dem die Pilze wachsen sollen. Der Ausgangsstoff dafür ist Pferdemist aus der Region.“ Warum der typische Mistgeruch fehlt, ist der besonderen Behandlung zu verdanken. „Der Mist wird zunächst für drei Tage bei hoher Temperatur kompostiert und dann bei 67 Grad pasteurisiert“, erklärt der Experte. „Dabei wird der Ammoniak abgebaut, und alle Keime werden abgetötet.“
Und wie kommen dann die Champignons auf das Substrat? Durch eine „Beimpfung“, verrät Bernhard Möllers. „Das Pilzmyzel wächst zunächst auf einem Getreidekorn heran. So kann es gleichmäßig im Substrat verteilt werden“, so der Pilzzüchter. Am Schluss wird das geimpfte Substrat dann mit einer Schicht aus Schwarztorf bedeckt. „Damit haben wir im Grunde sauberen Waldboden hergestellt“, lächelt Möllers.
Von der Natur abgeschaut
Das geimpfte Substrat und der Torf werden übrigens nicht bei Möllers selbst hergestellt, sondern mit einem speziellen Lastwagen angeliefert. Dazu werden die sonst nach außen geschlossenen Anwachsräume geöffnet, und eine Füllmaschine bringt Substrat und Torf auf einer Trägerbahn zusammen. Diese wird dann auf die Stellagen geschoben.
Damit sich die Pilze richtig wohlfühlen, simulieren die Züchter die Wachstumsbedingungen wie in der Natur. Acht Tage lang herrschen im Anwachsraum Bedingungen wie im spätsommerlichen Wald. „Bei 21 bis 22 Grad Lufttemperatur und einer Beettemperatur von 25 Grad fühlt sich der Champignon sehr wohl“, erklärt Bernhard Möllers. Doch wo sind die Pilzköpfe?
Die kommen erst später, erfahren wir. „Zunächst wächst das sogenannte Myzel“, verrät der Experte. „Das ist das eigentliche Pilzgewebe, das nun das ganze Substrat durchdringt.“ Als Möllers mit der Hand ein Stück Erde anhebt, erkennen wir feines, weißes Gewebe. Im Grunde ist das der wirkliche Pilz, denn die essbaren Fruchtkörper, die wir als Champignons kennen, kommen erst später. Nun ist für uns auch das Geheimnis der merkwürdigen weißen Stellen im dunklen Beet gelüftet.
Und wie kann man den Pilz dazu bringen, seine leckeren Fruchtkörper zu bilden? Auch hier haben sich die Züchter die Natur genau angesehen. Sobald das Myzel an der Oberfläche zu sehen ist, wird das Raumklima auf herbstliche 16 bis 17 Grad abgekühlt. „Nun beginnt das Myzel zu verhärten und bald werden die ersten Fruchtkörper erscheinen“, macht uns Bernhard Möllers klar. „Im Grunde ist für den Pilz jetzt die Herbstzeit angebrochen.“
Die ersten Fruchtkörper schauen heraus
Wie die herbstliche Verwandlung aussieht, können wir uns in einem anderen Raum anschauen. Hier ist die Entwicklung bereits zwei Wochen weiter. Endlich sehen wir auch, was wir von Anfang an erwartet haben: Unzählige wohlgeformte, weiße Champignons. „Nach etwa zwölf Tagen zeigen sich die ersten Köpfe“, erklärt Bernhard Möllers. Dann geht es auf einmal überraschend schnell: „Jeden Tag verdoppeln die Pilze ihre Größe“, betont der Experte. Damit alle Champignons genug Platz zum Wachsen haben, müssen die „fertigen“ Pilze weichen. Die Ernte kann beginnen.
Die Ernte beginnt
Nun schlägt die Stunde der Ernterinnen. Die geübten Mitarbeiterinnen wissen ganz genau, wann ein Pilz reif für die Ernte ist. Mit geübtem Griff heben sie die Champignons heraus, ohne sie zu beschädigen oder die kleineren Pilze umzustoßen. Die Messer, mit denen sie den Stiel danach abschneiden, werden übrigens nach jedem Einsatz desinfiziert. „So wird verhindert, dass Keime in das Beet getragen werden“, erklärt Bernhard Möllers. Sorgfältig werden die frischen Champignons danach in Ernteschalen gelegt. So wird vermieden, dass es unschöne Druckstellen gibt.
Jeden Tag gehen die Mitarbeiterinnen nun durch den Ernteraum, um die reifen Pilze herauszuholen. Wir erinnern uns: Jeden Tag verdoppeln die Fruchtkörper ihre Größe. Rund 27 Kilo Champignons pro Quadratmeter werden so gesammelt, bis das Beet abgeerntet ist.
Doch das ist noch nicht das Ende: „Wir sprechen bei den Champignons von etwa drei Wellen. Die erste Welle ist die ertragreichste. Danach kommt die zweite Welle, die schon etwas kleiner ausfällt.“ Die dritte Welle, so Möllers, werde nur dann geerntet, wenn die Qualität stimmt. „Manche mögen gerade die kleinen Champignons der letzten Welle besonders gern“, berichtet er. Nach der dritten Welle ist das Myzel erschöpft, und damit endet nach etwa fünf bis sechs Wochen die Ernte.
Und was passiert nun mit dem Substrat? „Bei uns verlässt das Beet das Haus nur völlig keimfrei“, betont Bernhard Möllers. Um das zu erreichen, wird der Raum auf 70 Grad erhitzt. Rund 10 Stunden lang wird das Substrat so behandelt, bevor es als Humus oder Dünger abgegeben wird. „Gerade auf Spargelfeldern ist das sehr beliebt“, verrät Möllers.
Kühl bleiben Champignons frisch
Während im abgeernteten Raum schließlich die Hitze regiert, müssen die Pilze kühl gelagert werden. Dazu verfügt die Firma Möllers über mehrere Kühlräume, in denen die weiße Ware wenige Grad über dem Gefrierpunkt auf den weiteren Vertrieb wartet. „Bei der richtigen Temperatur bleiben die Pilze bis zu zehn Tage frisch“, erklärt uns der Pilzexperte.
Auslieferung mit dem Kühlwagen
In den Kühlräumen geben die frischen Pilze aber nur ein kurzes Gastspiel. Es dauert nicht lange, dann wird die Ware in die großen Kühllaster verladen. „Damit werden die Champignons möglichst frisch zu den Großhändlern geliefert“, berichtet Möller. Restaurants und Gaststätten holen sich die frischen Pilze oft selbst ab, oder werden von der Firma auch frei Haus beliefert.
Champignons zu jeder Uhrzeit
Lust auf frische Pilze bekommen? Für alle Kunden, die spontan Appetit auf leckere Champignons bekommen haben, steht der Betrieb in Raesfeld Montags bis Freitags von 8 bis 18.30 Uhr offen. Samstags hat die Firma Möllers an der Straße „Ant Stäppken 60“ von 8 bis 12 Uhr geöffnet. Aber auch an Nachtschwärmer, Spätgriller oder das spontane Sonntagsessen wurde gedacht. „Wir haben einen Automaten im Eingangsbereich“, zeigt uns Bernhard Möllers. „Hier kann man rund um die Uhr frische Champignons kaufen“.
Das Lieblingsgericht des Pilzexperten
In der heimischen Küche kann man die edlen Pilze dann ganz nach Lust und Laune zubereiten. Egal, ob man sie als Beilage zubereitet, in Scheiben anbrät, mit raffinierten Füllungen ausstattet oder grillt, gesund sind die Champignons allemal. So sind sie kalorienarm, enthalten aber genau so viel Kalium wie Bananen. Dazu finden sich wertvolles Eisen, Magnesium, Zink und Vitamine in den Pilzen.
Und wie sieht es mit unserem Pilzzüchter aus? Kann er nach all den Jahrzehnten der Zucht Champignons überhaupt noch sehen? „Aber natürlich“, erzählt Bernhard Möllers lachend. „Am liebsten mag ich sie in der Suppe. Einfach eine leckere Mehlschwitze dazu, schon hat man ein tolles Gericht.“ Nun denn, guten Appetit!
Mehr Informationen bei:
Champignonkulturen Bernhard Möllers
Ant Stäppken 60 – 46348 Raesfeld
Tel.: 02865/7263
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