Wenn der Bundespräsident persönlich unterschriebene Glückwünsche versendet, ja, dann muss es schon einen besonderen Anlass dafür geben.
Wie zum Beispiel ein hundertjähriger Geburtstag. Dabei bin ich Anna Bosse, geboren am 4. August 1919 in Recklinghausen, nicht die Einzige, die so alt in diesem Jahr geworden ist.

Laut Bildzeitung gab es 2018 insgesamt 25,6 Millionen Rentnern in Deutschland, wovon 27 000 über 100 Jahre alt waren!
Was soll ich aber dazu nun sagen? Na ja, reden kann ich ja sowieso nicht mehr, aber ich vertraue einfach mal meiner Tochter Petra, dass sie die richtigen Dankesworte für mich findet.
Gab es früher, wenn es hoch kam, zum Geburtstag eine Karte aus dem Sauerland, bin ich jetzt doch völlig geplättet darüber, dass ich in meinem Leben jemals Post von so vielen berühmten Persönlichkeiten bekomme.

Gratulationswünsche zum Hundertjährigen
Dafür musste ich doch tatsächlich erst 100 Jahre alt werden, um einmal in meinem Leben so positiv aufzufallen. Eigentlich hätte ich das in jüngeren Jahren eher gebrauchen können, als die Zeiten wirklich hart und beschwerlich waren, aber besser später als nie.

Danke!
Ich möchte mich für die Gratulationswünsche zu meinen hundertjährigen Geburtstag bedanken bei Bürgermeister Andreas Grotendorst, Landrat Dr. Kai Zwicker, Ministerpräsident Armin Laschet, Bundespräsident Frank Walter Steinmeier, Ralf Steiger von der Volksbank Erle, Pater Johnsun von St. Martin und bei meinen Kindern.
Unfassbar. Glückwünsche selbst aus Berlin
Mit so viel Post habe ich gar nicht gerechnet, zumal ich schon lange nicht mehr auf dem „politischen Parkett“ tanze. Scherz, da habe ich noch nie getanzt. Dafür aber umso lieber früher mit meinen Kindern um den Küchentisch herum.

Frank-Walter Steinmeier
Dennoch ist es schön zu lesen, dass sie Herr Bundespräsident so treffend schreiben, dass bei allem, was ich im Leben erfahren und erlebt habe, es nun für mich wichtig sei, den Blick (auch wenn dieser nun altersbedingt getrübt ist), auf Gelungenes im eigenen Leben zu lenken. Auf das, was Grund zum Danken gibt.
Und ja, ich konnte dies, lieber Herr Steinmeier in der Gesellschaft derer Menschen tun, die mir nah stehen und wichtig sind. Vielen Dank für ihre freundlichen Grüße.

Bürgermeister Andreas Grotendorst
Lieber Herr Bürgermeister Andreas Grotendorst, mit ihrem Gedicht, dem Blumenstrauß, den Glückwünschen und dem leckeren roten Traubensaft, haben Sie mir ein großes Vergnügen bereitet. Gerne hätte ich persönlich mit Ihnen auf meinen Geburtstag angestoßen, aber ich denke, dass hier eine Schnabeltasse nicht ganz so gut klingt.
Dennoch trinke ich den Saft auf „ihre und meine Gesundheit“ und gebe alles, so ihr Wunsch, um mit guter Gesundheit und mit viel Lebensfreude durch die nächsten Lebensjahre zu schreiten (Uih, das kommt der Rentenkasse aber teuer).
Glück ist gar nicht mal so selten,
Glück wird überall beschert,
vieles kann als Glück uns gelten.
Glück ist jeder neue Morgen,
Glück ist bunte Blumenpracht.
Glück sind Tage ohne Sorgen,
Glück ist, wenn man fröhlich lacht.
(Clemens Brentano)
Armin Laschet
Sie, lieber Herr Ministerpräsident Laschet, haben mir ebenfalls persönlich und sogar im Namen, obwohl die ja alle gar nicht kenne, der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes gratuliert. Vielen Dank dafür.

Sie verweisen in ihrem Gratulationschreiben auf meinen Erfahrungsschatz, bedingt durch meine 100 Jahre Leben in und auf dieser Welt. Ob ich mit meinen Erfahrungen nun damit das Land NRW bereichere, kann ich nicht unbedingt bestätigen. So wichtig habe ich mich nie genommen.
Sicher, und da haben Sie recht, erlebte ich die Geschichte von Anfang an als Zeitzeuge mit, wie die Gründungsphase unseres Landes, die Zeit der Teilung, als Bonn Bundeshauptstadt war, bis heute zur heutigen Rolle NRW.
Sie schreiben, dass kein Geschichtsbuch das ausdrücken kann, was ich persönlich in all diesen Jahren erlebt habe. Ob nun wirklich, gerade meine persönlichen Geschichten, die Geschichte unseres Landes ausmachen, glaube ich kaum. Dafür habe ich zu einfach und zu bescheiden gelebt.
Grundlagen für unseren heutigen Wohlstand
Aber Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass meine Generation derzeit schließlich die Grundlagen für unseren heutigen Wohlstand und unser freiheitliches, demokratisches und soziales Miteinander geschaffen habe…. „Dafür gebührt Ihnen Dank. Ich hoffe deshalb auch, dass die jüngeren Menschen von ihrer langen Lebenserfahrung etwas mitnehmen können“.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich denke, dass ich als Mutter und Großmutter genügend Sorge dafür getragen habe und meine Werte an meine Kinder und Enkel weitergeben konnte: Unter anderem für ein friedliches Miteinander aller Kulturen. Ich hoffe und bete, dass ein drittes Reich, so wie ich es erlebt habe, mit Krieg und Zerstörung, Tod, Elend und Massenvernichtung der nachfolgenden Generation erspart bleibt.

Landrat Dr. Kai Zwicker
Lieber Landrat Herr Dr. Zwicker, danke auch für Glückwünsche, und auch Sie schreiben, dass ich an meinem Festtag auf ein ereignisreiches Leben zurückblicke. Sie haben recht, ja, ich habe in allen den Jahren schöne Zeiten erlebt, an die ich mich heute noch gerne erinnere.

Ralf Steiger-Volksbank Erle
Lieber Herr Steiger, ich weiß, dass meine Anteile bei ihrer Volksbank gut angelegt sind. Das freut mich natürlich ganz besonders, obwohl ich mir davon ja nicht mehr viel kaufen kann.
Aber besonders gut hat mir, neben den tollen Blumenstrauß, ihr Spruch von Ingmar Bergmann gefallen.
Älterwerden ist wie auf einen Berg steigen.
Je höher man kommt, desto mehr Kräfte sind verbraucht, aber umso weiter kann man sehen.
Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können, denn wenn der Geist nicht mehr gestärkt und das Fleisch schwach ist, dann besinnt man sich auf die kurzen und glücklichen Momente.
Auf die 101
Das Wichtigste jedoch für mich heute ist, dass ich keine Schmerzen habe, noch schmecken, riechen und hören kann und ein schönes Zimmer mit einem weichen Bett besitze.
Nun hoffe ich nach all den Aufregungen und einer wirklich gelungenen Geburtstagsfeier am Sonntag mit meinen Kindern, dass ich noch ein Jahr dranhängen kann. Schauen wir mal!