Da haben die zwei Viehdiebe in Erle noch einmal so richtig Glück gehabt und sind glimpflich davon. Die Schöffen entschieden sich gegen die Todesstrafe.
Die Justiz traf sich erneut an der Femeiche in Erle und entführte die Besucher in das Jahr 1441. Bis ins 16. Jahrhundert tagte unter dem Baum das Femegericht und urteilte über Schwerverbrechen wie Mord und Brandstiftung. An historischer Stelle und in mittelalterlichem Gewand führte Walter Freigraf zu Erle (Großewilde) Gericht und sieben Freiwillige aus der Besuchergruppe fungierten für das hohe Amt des „Schöffen“. Kein leichtes Amt, denn immerhin wartete im Mittelalter auf Mord, Meineid, Vergewaltigung und Viehdiebstall immer der Strick auf die Angeklagten. „Puh, da bin ich aber froh, dass ich heute nicht aufgehängt werde“, setzte lachend Barbara Hüser, aus Essen hinzu, nachdem sie vom Pranger befreit wurde. Angeblich hatte sie nur ein Tier gestohlen, was ihr den Hals rettete. „Naja, von dem anderen Tieren ist halt nichts ans Licht gekommen“, schmunzelte die Essenerin im Nachhinein noch über das Erlebte.
Seit einiger Zeit steht die alte Thing- und Gerichtsstätte „den vryen Stoel tum Aßenkampe by Erle“ nach über 500 Jahren wieder im Mittelpunkt, und zahlreiche Gäste aus Nah und Fern erfreuen sich an diesem kulturellen Spektakel.
„So richtig spannend wird es immer dann, wenn auch die Besucher hier mitspielen, nicht auf den Mund gefallen sind und ihre Vorwürfe lustig verpackt in das Ganze einbringen und sich darauf einlassen“, so Walter Großewilde, der hier das „Gesindel“ vor Ort verurteilt, vorab aber auch die die Geschichte der 1000-jährige Eiche näherbringt und nach altem germanischen Brauch ein kleines „Gelage“ abhält.
Und da wo es Beklagte gibt, ist auch immer Kläger. An Hand von eindeutigen Beweisen und Zeugenaussagen kam es dann auch an diesem Samstag wieder zur Gerichtsverhandlung.
„Das ist toll gemacht und macht Spaß zuzuschauen. Es fängt schon mit der Sprache an und ich konnte das alles so richtig nachvollziehen“, bestätigte am Ende Barbara Hohnhorst aus Gahlen, die mit ihren Kollegen hier zur Femeiche einen Betriebsausflug machte.
Stilecht gab es zum Schluss für alle Teilnehmer noch einen hochprozentigen „Femetrunk“ sowie eine Urkunde, wo die Teilnahme am Femegericht schriftlich nieder geschrieben ist. Vorteil für alle die nun so ein Zertifikat haben: Sie gelten als unbescholtene Person und auf Reisen durch das Fürstentum des heiligen Deutschen Reiches muss ihnen Unterstützung bei der Ausübung ihrer Dienste gewährt werden, sowie auf eine Unversehrtheit ist jederzeit zu achten. Eine widerrechtliche Handlung gegen ihn wird eine sofortige Strafe zu Folge haben.
Wer Interesse hat, auch so ein Femegericht zu erleben kann sich melden bei Walter Großewilde Tel.: 02865-7398 oder im Informationszentrum Raesfeld, Tel.: 0 28 65 / 60 91 0