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Queen Elizabeth II: Londonreise in besonderen Zeiten

Veröffentlicht am

Das Konterfei von Queen Elizabeth II war auch am Trafalgar Square in London nicht zu übersehen. Foto: Pütz-Bosse

Schon seit Monaten hatte unser Leser Jürgen Pütz-Bosse seine Londonreise geplant. Da konnte er noch nicht wissen, unter welchen besonderen Vorzeichen sie stattfinden würde.

Ungeplant erreichte unser Leser die britische Hauptstadt mitten in der Trauerzeit über den Tod von Queen Elizabeth II. Was nun? Jürgen Pütz-Bosse nimmt sich dennoch Zeit für London und teilt mit uns sein Reisetagebuch. Hier ist es:

Jürgen Pütz-Bosse vor einer klassischen Londoner Telefonzelle. Die meisten davon hat aber die mobile Telefonie mittlerweile überflüssig gemacht. Foto: Pütz-Bosse

„Was lange geplant ist, wird manchmal von der Aktualität überholt. Mein Scout und Ziehsohn, Lukas (drei Semester Studium in London), ist wie ich fußballbegeistert. Ein Spiel der Premier League stand bis dato aber noch aus. Drei volle Tage sollten es sein. Zeit genug, um dabei London und die Briten ein wenig kennen zu lernen.

Ankunft London Stansted, Fr. 9.9.22, 07.05 h.  Rückflug Köln/Bonn, Mo. 12.9.22, 09.45 h.

Alles klappte wie am Schnürchen, flogen ja nicht mit der Bundesbahn!

Einchecken bei David, ein sogenannter Superhost (AIRBNB), in Stratford, 09.00 h.

Schlüsselübergabe, auffrischen, und ab geht die Post!

Ach ja, da war doch noch was. Die Queen Elisabeth II. war tags zuvor verstorben! Was jetzt?

Mit welchen Auswirkungen müssen wir rechnen? Wie verhalten sich die Briten? Kann man sich überhaupt  in London jetzt noch frei bewegen? Gehen wir es an!

Zunächst mit der S-/U-Bahn von der Station Manor Park rein nach Stratford, englisches Frühstück im Centre. Wer morgens schon Bohnen mag, ist hier richtig! Die Kaufhalle ist voll belegt. Von Trauerhinweisen fehlt jede Spur. Bemerkenswert ist, niemand zahlt hier mit Geld. Selbst die Toilettenfrau nimmt Kartenzahlung. Weil das so weiter ging, sind Handschuhe angebracht, denn die Checkkarte wird irgendwann glühen!

1. Tag nach dem Tod der Queen, der in den Gazetten auch als D-Day bezeichnet wird.

In der Kaufhalle vom Stratford Centre lief auf einer Leinwand gerade die Proklamation von Prinz Charles zum neuen König. Wir waren kurz die einzigen Zuschauer. Alle anderen liefen vorbei und tätigten ihre Einkäufe! Anschließend nahmen wir den Transfer nach Westminster.

Queen Elizabeth II London
Big Ben, das Parlament, schwarze Taxis und Regenwolken: Mehr London geht fast nicht. Foto: Pütz-Bosse

Die Touris beherrschten hier die Szene, also auch wir! Magneten sind hier die Denkmäler auf dem Trafalgar Square, die Wachablösung am Platz Horse Guards Parade und die lebhaften Pubs von Whitehall, wo man gelegentlich englische Politiker antrifft. Wir starteten am Big Ben und Houses of Parliament, wo wir Salutschüsse zum Gedenken der verstorbenen Queen vernahmen. Das Wetter war gut und wir konnten erkennen, dass das London Eye sich nicht bewegte. Daher marschierten wir zur Downing Street, weiter zum Trafalgar Square/National Gallery und Nelson Monument. Immer begleitet vom Strom der Touris. Gut, dass unsere Handys noch ausreichenden Speicherplatz hatten! Mit der Metro ging es dann nach Nightsbridge, Hyde Park mit Speakers Corner, wo leider niemand redete. Im Hyde Park machten wir Station und genossen die Idylle des Sees mit seiner Vielzahl von Schwänen.

Queen Elizabeth II London
Auch der Fernseher im Pub kennt nur ein Thema – den Tod von Queen Elizabeth II. Foto: Pütz-Bosse

Am belebten Leicester Square war gegen Abend auf einer Leinwand die Queen zu bewundern. Sie war eindeutig das meist abgelichtete Objekt der Begierde. Nach einem kurzen Blick in die Kulissen von Chinatown ging es zum the Lamb and Flag Pub, wo ein leckeres Abendessen auf uns wartete. Es gab ein erlesenes Stück vom Rind mit diversen Gemüsebeilagen. Lukas hat den Tag mit einer klugen Mischung zusammengestellt und ich habe alles genossen.

Meine Beine und Füße waren aber kurz davor, sich vom Rest des Körpers zu verabschieden und wollten an unserer Unterkunft sofort ans USB-Port. Ob die Ladezeit für den nächsten Tag ausreicht, konnte ich dann aber nicht mehr einschätzen, da auch der Rest meines Torsos spontan in Koma fiel!

2. Tag in London nach dem Tod der Queen.

Nach dem Frühstück und Transfer nach Blackfriars gelangten wir zur St. Paul‘s Cathedral. Sie liegt ca. 300 m nördlich der Themse und ist Bischofssitz. Ihre Ausmaße sind beträchtlich. Sie ist 158 m lang, hat eine kreuzförmige Grundfläche mit einer mittigen Kuppel, auf der sich eine 750 t schwere Laterne befindet, die in 111m Höhe endet. Sie gehört zu den größten Kirchen der Welt, war aber leider wegen einer Veranstaltung nicht zu besichtigen.                                                                                         

Von der St. Paul’s Cathedral gelangt man auf direktem Weg zur Millenium Bridge. Sie ist eine Fußgänger-Hängebrücke über die Themse und verbindet die Nordseite/Southwark mit Borough of Southwark auf der Südseite. Baubeginn: 1996. Eröffnung: 10.6.2000. Gesamtlänge 325 m.

Kurz nach der Fertigstellung gab es Probleme. Im Gleichtakt schreitende Passanten versetzten die Brücke in heftige Schwingungen, so dass die Resonanzphänomene durch den nachträglichen Einbau von zusätzlichen Dämpfern behoben werden mussten.

Kurz danach trifft man auf die Tate Gallery of Modern Art. Sie ist eines der weltweit größten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst. Untergebracht ist sie in einem ehemaligen Kraftwerk der früheren Bankside Power Station am Themseufer von Southwark und präsentiert Meisterwerke von

Van Gogh, Picasso, Duchamp, Matisse, Dali, Warhol Beuys u.v.a. mehr! Geschafft haben wir nur die 1. Etage. Den fantastischen Ausblick aus dem oben gelegenen Bistro über die Themse in Richtung St. Paul’s Cathedral haben wir aber reichlich genossen. Der Cappuccino war einfach zu lecker!

Queen Elizabeth II London
Aus der Tate Gallery hat man einen faszinierenden Blick über London. Foto: Pütz-Bosse

Vorbei am Shakespeare Globe ging es auf direktem Wege zum Borough Market. Bei einem bis zwei Pint (0,5683 l) englischem Bier gibt es für jeden Gaumen etwas leckeres auf die Gabel. Das anschließende Hochkommen zur  Fortsetzung der Besichtigungstour ist eine sportliche Herausforderung und gelingt nur mit äußerster Willenskraft, zumindest bei mir!

Über die London Bridge, die oft mit der Tower Bridge verwechselt wird, ging es dann zur selben. Von dort aus hat man einen fantastischen Blick auf die HMS Belfast, ein leichter Kreuzer der Royal Navy, der dort als Museumsschiff vor Anker liegt. Seine Ausmaße von 187 m Länge und 19,3 m Breite wirken sehr beeindruckt. Bei einer Besatzung von 750 – 850 Personen erreichen seine 4 Parsons-Turbinen 80000 PS und bringen das Schiff auf 32 Knoten!

Queen Elizabeth II London
Als die HMS Belfast vom Stapel lief, war Queen Elizabeth II schon 12 Jahre alt. Trotz seiner beeindruckenden Ausmaße war der Leichte Kreuzer zu seiner Zeit kein besonders großes Kriegsschiff. Foto: Pütz-Bosse

Von der Tower Bridge kommt man zum Tower of London. Er ist fast 1000 Jahre alt und beheimatet die britischen Kronjuwelen, wobei es sich nur um einen kleinen Teil des gesamten Schatzes handelt. Außer den berühmten Raben beherbergt der Tower heute noch 130 Personen. U.a. gehören die Beefeater (Ordnungstruppe) zu  den Bewohnern der Anlage.

Danach ging es mit dem Water Taxi (Uber Boat) to Greenwich Pier und weiter zu Fuß zum Greenwich Park/Royal Royal Observatory. Wir beließen es jedoch beim Parkbesuch. Danach ging es über Canary Wharf, DLR Station (beeindruckender S-Bahnhof) zum ältesten Pub in London, the Grapes. Hierbei handelt es sich um ein denkmalgeschütztes Gasthaus, das direkt am Nordufer der Themse liegt. Mit Verandablick direkt auf das Wasser bei Fish und Chips mit einigen Kaltgetränken ließ es sich gut angehen. Alle Sitzplätze waren belegt.

Ein Schwulenpärchen, wohnhaft auf einem Hausboot und deren Freundin Alex, baten uns an ihren Tisch und es wurde ein sehr unterhaltsamer Abend. Ohne diese nette Geste hätten wir niemals einen Sitzplatz bekommen. Ein nicht unwesentlicher Grund für die große Beliebtheit des Pub ist wohl nicht nur seine Historie, sondern auch sein weltbekannter Besitzer, der Schauspieler Ian McKellen (Gandalf/Herr der Ringe). Er ist seit 2011 der Inhaber und hat auch eine Wohnung direkt über der Gaststätte.

Lukas, dessen zweite Muttersprache Englisch ist, war sofort in allen Themen involviert. Ich hingegen konnte den Gesprächsinhalten erst nach einigen Pint Bier besser folgen. Als unsere Tischgastgeber (Iren) dann zum Nationalgetränk wechselten, löste der Whisky urplötzlich meine Zunge und ich hörte mich sprechen! Der imposante Abend endete dann mit einer Schachpartie gegen Alex, wobei sie mich auf höflichste englische Art gewinnen ließ und anschließend auch noch unser Taxi bezahlte! Mann, war das ein Tag!

Queen Elizabeth II London
Stille Wächter: Die Horse Guards sind Elitesoldaten, auch wenn sie vor allem für ihre zeremonielle Uniform bekannt sind. Nach dem Tod von Queen Elizabeth II dienen sie nun ihrem Sohn, König Charles III. Foto: Pütz-Bosse

3. Tag nach dem Tod von Queen Elizabeth II.

Unser letzter Londontag begann mit einem Shoreditch Brunch im Herzen des coolen East London. Hierbei erfuhren wir, dass alle Spiele der Premier League abgesagt sind, was auch für das Konzert: The Last Night of The Proms in der Royal Albert Hall galt! Die Ereignisse um den Tod der Queen bestimmten jetzt immer mehr das Geschehen im täglichen Leben und der Berichterstattung. Staunten die Briten doch nicht schlecht, dass die Deutschen Medien viel ausführlicher und anhaltender über das Leben und wirken der englischen Königin berichtet hatten, als ihre eigenen. Teilweise war mit britischem Humor vermutet worden, dass es sich bei Queen Elizabeth II. um eine deutsche Königin handeln müsse. Doch das nur am Rande!

Queen Elizabeth II London
Märkte wie der Borough Market sind beliebte Treffpunkte in London. Foto: Pütz-Bosse

Unser Besichtigungsablauf führte uns jetzt zum Brick Lane Market, der an der gleichnamigen 1 km langen Straße ebenfalls in East London liegt. Sie gilt als Herz der Bangladeschi-Gemeinde und ist ein kultureller Schmelztiegel im südasiatischen Straßenmarkt mit farbenfroher Straßenkunst, wo es niemals langweilig wird. Intensive fernasiatische Düfte bestimmen das Bouquet.

Nicht zu verachten ist auch der Genuss eines Salt Beef Bagel, den man ebenfalls in East London erwerben und verzehren kann. 

Da das Fußballspiel zwischen West Ham United und Newcastle United abgesagt war, leisteten wir uns noch einmal eine Bus-Relax-Tour durch London.

Bei dieser Gelegenheit fiel mir nochmals die Vielfältigkeit der gesamten Stadtarchitektur ins Auge. Jedes Gebäude ein Unikat. Ein Schmelztiegel der Ideen zwischen jung und alt, hoch und niedrig, konkav und konvex, rund und eckig, und allen bekannten Materialien Farben und Bepflanzungen. Hierbei musste ich unwillkürlich an unsere deutschen Bauvorschriften denken, die eher langweilige, gleichgemachte Stadtbilder erzeugen und wenig Lebensfreude vermitteln, so zumindest mein Eindruck.

In der Frühe des nächsten Tages ging es dann wieder mit dem Flieger nach Köln. Doch eins ist sicher, London wird mich wieder sehen!“

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