LANUV: Fehlerhaft und mangelnde Neutralität zum Wolf

Bearbeitung der gutachterlichen Stellungnahme hat fehlerhafte Daten vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) geliefert

Schermbeck. Die gutachterliche Stellungnahme, welche von der „Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf“ (DBBW) am 28. Januar 2021 zum Verhalten der Wölfin GW954f vorgelegt wurde, ist fehlerhaft und nicht neutral. Zu dieser Auffassung ist das Gahlener Bürgerforum (GBF) gelangt, nachdem Details des Gutachtens überprüft wurden.

Es geht schon los mit der Tatsache, dass die am 28. Januar 2021 abgegebene Stellungnahme des DBBW auf Daten basiert, die aus einer Rissliste stammen sollen, welche erst am 9. Februar 2021 erschien. Eine solche Liste gab es zwar wirklich und wurde auch beim Kreis Wesel veröffentlicht, aber erst zwei Wochen nach der Erstellung des Gutachtens.

Eine Nachfrage bei der Landesregierung ergab, dass für die Bearbeitung der gutachterlichen Stellungnahme fehlerhafte Daten vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) geliefert wurden.

Mindestens sieben Fälle

In seiner Stellungnahme vom 8. Januar 2021 hatte das LANUV vier Fälle genannt, in denen bei Wolfsrissen der empfohlene (zumutbare) Herdenschutz überwunden wurde. „Eine staatliche Stelle müsste schon wesentlich genauer arbeiten“, bewertete das GBF in einer Pressekonferenz am Mittwoch die Angaben des LANUV. Es habe mindestens sieben Fälle gegeben. Die Zahl könne sogar noch größer sein, weil einige Fälle seit längerer Zeit noch nicht geklärt worden seien. Wie es zu einer etwa 50-prozentigen Verringerung der Wolfsrisse bei ausreichenden Herdcnschutz kommen konnte, kann man in den Reihen des GBF nicht nachvollziehen. Auf jeden Fall werde dadurch das Auftreten der Wölfin verharmlost. Durch Reduzierung der Fallzahlen könne schlechter eine Bedingung für die Entnahme der Wölfin erfüllt werden.

Die DBBW schrieb als Bedingung: „Sollte die Wölfin GW954f damit beginnen, in zeitlich-räumlich engen Abständen Nutztiere hinter empfohlenen Schutzmaßnahmen zu töten, so dass man von einem verfestigten Verhalten ausgehen kann und nicht von seltenen Ausnahmen bzw. sporadischen Vorfällen, die zwischen vielen Übergriffen auf wenig geschützte Nutztiere erfolgen, ist es für uns allerdings fachlich nachvollziehbar, sich dafür zu entscheiden, eine Entnahme dieses Tieres zu veranlassen.“

Nicht richtig wiedergegeben

Das GBF konnte zudem beweisen, dass das LANUV in einer erstellten Rissliste zwei Rissereignisse vom 26. August 2020 und vom 11. November schlichtweg den empfohlenen Herdenschutz aberkannt hatte. Erst als die Schafhalterin Christiane Rittmann das LANUV darauf aufmerksam gemacht hatte, bestätigte das LANUV in einer Mail vom 23. Februar 2021, dies „nicht richtig wiedergegeben“ zu haben.

Die DBBW legt für einen engen zeitlichen Zusammenhang der Rissereignisse die Defintion „im Regelfall einen Zeitraum von maximal vier Wochen“ zugrunde. Wie oft solche Ereignisse in vier Wochen im Wolfsgebiet Schermbeck erfolgten, blieb in dem Gutachten unklar, weil von der DBBW in der Rissliste ein Rissereignis übersehen wurde, ein weiterer Riss nach einer Feststellung des GBF seitens des LANUV unterschlagen wurde und außerdem der Riss vom 11. November 2020 in Hünxe aberkannt wurde, obwohl keine Beweise vorgelegt wurden, die die nachrichtliche Aberkennung gerechtfertigt hätten. Das GBF hat seinerseits eine eigene Auswertung vorgenommen und drei Zeiträume ausgemacht, die kürzer waren als vier Wochen. „Es ist unverständlich, warum diese engen Zeitabstände verschwiegen wurden“, wurde am Mittwoch vom GBF bedauert.

Bestehendes Misstrauen des GBF gegenüber dem LANUV

Ein seit September 2018 bestehendes Misstrauen des GBF gegenüber dem LANUV hat dazu geführt, dass regelmäßig Screenshots von der Internetseite des LANUV angefertigt werden. Dabei hat das GBF nachträgliche Veränderungen von Protokollen festgestellt. Im Meldeprotokoll für den Riss vom 11. November 2020 beim Hünxer Schafzüchter Opriel fehlten eine Zeitlang Angaben für die Höhe des Zaunes. In einem vier Wochen später veröffentlichten Endprotokoll tauchten plötzlich als Minimalhöhe 111 Zentimeter auf und als Maximalhöhe 139 Zentimeter. Zwei Mitglieder des GBF, die bei der Begehung mit den Wolfsberatern anwesend waren, können sich die Minimalhöhe nicht erklären. Sie stellten ihre sämtlichen Fotos zur Auswertung zur Verfügung, die keinen Rückschluss auf 111 Zentimeter zulassen. Eine entsprechende Rückfrage blieb bislang vom LANUV unbeantwortet.

Bewusste Manipulation

Das GBF bemängelt eine fehlende Neutralität. Zu den gekennzeichneten Mängeln des LANUV, dem das GBF Anzeichen einer bewussten Manipulation nicht absprechen möchte, kommt hinzu, dass zu den Ansprechpartnern in Sachen Wolf beim DBBW Ilka Reinhardt und Gesa Kluth gehören. Beide Frauen haben im Jahre 2003 gemeinsam das Wildbiologische Büro Lupus in Spreewald gegründet. Beide fördern seit Jahren die Wiedereinwanderung der Wölfe nach Deutschland. An der Entwicklung der Wolf-Monotoring-Standards für Deutschland haben beide Frauen im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz beigetragen.

Wer sich aktiv für den Wolf einsetzt, kann nach Auffassung des GBF nicht geeignet sein, ein neutrales Gutachten zu erstellen. Da sich auch das LANUV in seiner Handlungsweise und im öffentlichen Auftreten nach Auffassung des GBF als wolfszugetan erweise, sei in der Harmonie zweier Institute ein völlig einseitiges Gutachten entstanden. H.Scheffler

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