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Donnerstag, Dezember 7, 2023
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Interview mit Bürgermeister Tesing zu: Gefährdung der kommunalen Selbstverwaltung

Veröffentlicht am

von Petra Bosse

Wie steht es um die kommunale Selbstverwaltung in Nordrhein-Westfalen und welche Herausforderungen erwarten speziell die Gemeinde Raesfeld? Was erwartet Bürgermeister Martin Tesing angesichts der ihm vorliegenden Zahlen konkret für Raesfeld im Jahr 2024? Ist ein Haushaltsdefizit in Millionenhöhe unausweichlich?

Interview mit Raesfeld Bürgermeister Martin Tesing zum Hilferuf der NRW Bürgermeisterinnen/Bürgermeister an den Ministerpräsidenten des Landes NRW, Hendrik Wüst.

Brandbrief

In den letzten Tagen hat auch ein von Bürgermeister Martin Tesing persönlich mitunterschriebener Hilferuf von 355 Bürgermeisterrinnen und Bürgermeister des Landes NRW an den Ministerpräsidenten Henrik Wüst für zusätzliche Unruhe und Nervosität im Vorfeld der bevorstehenden Haushaltsberatungen für das kommende Haushaltsjahr 2024 geführt.

In dem Brandbrief ist von „chronischer Unterfinanzierung“ oder „Überforderung der Kommunen“ die Rede.

Ist dieser Hilferuf angesichts der bekannt guten Finanzausstattung in Raesfeld nicht übertrieben?

Martin Tesing: Nein, ich halte diesen Brandbrief auch aus Sicht der Gemeinde Raesfeld für längst überfällig. Dass ich mit dieser Meinung nicht alleine dastehe, unterstreicht allein die Tatsache, dass dieser Hilferuf innerhalb weniger Tage parteiübergreifend von 355 der 396 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in NRW unterzeichnet wurde.

Wo bleibt die kommunale Selbstverwaltung, wenn unsere Räte nicht mehr eigenverantwortlich entscheiden können, wofür sie wie viel Haushaltsmittel ausgeben, wenn schlicht kein Geld mehr da ist oder durch Förderprogramme alles so reglementiert wird, dass für sie kein Entscheidungs- und Handlungsspielraum mehr bleibt?

Martin Tesing: Wenn Bund und Land dieser seit Jahren schleichenden Entwicklung der chronischen Unterfinanzierung und Überregulierung nicht massiv entgegenwirken, werden wir einen schleichenden Tod aller Kommunen erleben.

Die Gemeinde Raesfeld wird in diesem Prozess sicher nicht zu den Ersten gehören, aber wir werden dabei sein. Und da es in Raesfeld gute Tradition ist, vorausschauend zu handeln, habe ich den Brandbrief ohne „Wenn“ und „Aber“ sofort mit unterschrieben.

Wie sehen Sie die Situation in den Nachbarstädten? Auch der Bürgermeister von Dorsten hat in den letzten Tagen Alarm geschlagen.

Martin Tesing: Aus meiner Sicht haben gerade die Dorstener die letzten Jahre sehr gut genutzt, um sich finanziell zu konsolidieren. Diese Anstrengungen werden von Bund und Land eben nicht honoriert.

Im Übrigen sind die Rahmenbedingungen in Dorsten allein aufgrund der städtischen Struktur viel schwieriger zu bewältigen als im eher ländlich geprägten Raesfeld. Insofern kann man uns auch nicht mit Dorsten vergleichen. Der Vergleich hinkt einfach und ist aus meiner Sicht unzulässig.

Und was erwarten Sie konkret für die Gemeinde Raesfeld?

Martin Tesing: Nach den mir bisher vorliegenden Zahlen erwarte ich für Raesfeld im Jahr 2024 auf jeden Fall ein Haushaltsdefizit in Millionenhöhe. Zum einen müssen wir damit rechnen, dass allein die „Landschaftsverband Westfalen Lippe“-Umlage um 330.000 Euro steigen wird. Darüber hinaus sind weitere Erhöhungen der Kreis- und Jugendamtsumlage angekündigt.
Gleiches gilt für die explodierenden Personalkosten, die zum einen durch den Tarifabschluss, der mit einer durchschnittlichen Lohn- und Gehaltssteigerung von 11,5 % als „teuerster Tarifabschluss aller Zeiten“ gilt, und zum anderen durch die überbordende Bürokratie verursacht werden. So rechnen wir allein aufgrund der Tariferhöhung für 2024 mit Mehrkosten in Höhe von rund 460 Tausend Euro. Neben den allgemeinen Kostensteigerungen in allen Bereichen haben wir natürlich auch eine Vielzahl von kommunalen Gebäuden zu unterhalten. Auch hier rechnen wir mit Kostensteigerungen im 2-stelligen Prozentbereich.

Auf der anderen Seite können wir nicht mit Mehreinnahmen rechnen. Im Gegenteil, wir müssen sogar mit sinkenden Gewerbesteuereinnahmen kalkulieren. Alles in allem muss man kein Prophet sein, um diese Prognose abzugeben.

Was muss sich aus Ihrer Sicht auf Bundes- und Landesebene ändern, um die Zukunftsfähigkeit der Städte und Gemeinden zu sichern?

Martin Tesing: Das Grundübel ist aus meiner Sicht die überbordende Bürokratie. Sie verursacht unnötige Kosten und sorgt dafür, dass der Personalbestand in allen Behörden nur eine Richtung kennt: nach oben.

Diese Bürokratie führt auch zu Frustration bei den Bürgerinnen und Bürgern, weil der tiefere Sinn für sie nicht erklärbar ist.

Die Ursachen für diese Form der Überregulierung liegen beim Bundes- und Landesgesetzgeber. Sie sollten den Kommunen im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung viel mehr Eigenverantwortung überlassen. Denn diese kennen sich vor Ort naturgemäß am besten aus und wissen, wo den Bürgerinnen und Bürgern der Schuh drückt.

Diese Bürokratie führt auch zu Frustration bei den Bürgerinnen und Bürgern, weil der tiefere Sinn für sie nicht erklärbar ist.

Martin Tesing

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