Das traditionelle Erntedankfest findet nach sechs Jahren wieder mit großem Umzug in Erle statt. Die Ursprünge dieses Erler Erntedankfestes können bis etwa 1930 zurückverfolgt werden.
Am Sonntag, den 8. Oktober, veranstaltet die KLJB Erle-Rhade das traditionelle Erntedankfest, das normalerweise alle vier Jahre von der Landjugend Erle/Rhade ausgerichtet wird. Aufgrund der Corona-Pandemie fand das Erntedankfest in Erle vor sechs Jahren statt. Dieses geschichtsträchtige Fest zieht stets viele Besucher aus nah und fern an.
Der farbenprächtige Umzug
Gruppen und Nachbarschaften legen großen Wert auf die Gestaltung ihrer Wagen und ziehen in einem farbenfrohen Umzug durch das Dorf. Die Männer zeigen sich in Klumpen, schwarzen Hosen, gestreiften Arbeitskitteln und einem roten Halstuch. Währenddessen tragen die Frauen Klumpen mit gestrickten Socken, einen blauen Rock, eine weiße Bluse und ebenfalls ein rotes Halstuch. Ein besonderes Highlight des Umzugs sind die Gaben wie Brot, Obst oder Liköre, die an die Zuschauer am Straßenrand verteilt werden. Dabei erstrahlen die festlich geschmückten Trecker in herbstlichen Farben und unterstreichen den Geist des Erntedankfestes.
Programmablauf
Die Festlichkeiten beginnen mit einem plattdeutschen Gottesdienst um 10:30 Uhr in der St. Silvesterkirche. Der Höhepunkt, der Erntedankumzug, beginnt um 14 Uhr am Schützenfestplatz. Nach dem Umzug, ab 16 Uhr, sind alle Gäste herzlich eingeladen, sich bei Kaffee und Kuchen im Festzelt am Schützenfestplatz Marienthaler Straße zu entspannen.
Teilnehmende Vereine und Gruppen
Folgende Nachbarschaften beteiligen sich am Umzug: Nachbarschaft Holzloh, Westrich, Holten, Entenschnabel, Östrich links, Östrich recht, Overbeck, Lechtenbrink und Wall/Werlo.
Musikalisch begleitet wird der Erntedankumzug vom Tambourkorps Weselerwald, der Schützenkapelle Rhade und der Blaskapelle Einklang Schermbeck.
Gastvereine
Als Gastvereine dabei sind die Treckerfreunde Hünxe und die Trachtenschützengilde Overbeck mit etwa 14 Mitgliedern in ihren traditionellen Trachten. Die Volkstanzgruppe wird mit ihren Klumpentänzern sicherlich ein farbenprächtiges Bild abgeben.
Heimatverein Erle
Neben dem Kolpingverein ist auch der Heimatverein Erle wieder vertreten: Drei Fußgruppen nehmen teil, einschließlich der Kinder der „Brejpottspöllers“. Ein besonderer Fokus des Heimatvereins liegt in diesem Jahr auf das „Femegericht“ und der „Femeiche als Naturdenkmal“. Zudem wird eine Gruppe den Gedanken des Naturschutzes hervorheben, insbesondere in Bezug auf die Obst und Bienen in der Babywiesewiese hinter der Erler Mühle.
Das Erntedankfest während der NS-Zeit
Während der NS-Zeit wurde in Erle das Erntedankfest als großes Ereignis gefeiert, das gemeinsam von der NSDAP und den örtlichen Bauern organisiert wurde. Ein besonderer Fokus liegt auf dem prächtigen Festzug, einem der Höhepunkte der Veranstaltung.
Ein Musikkorps führte den Festzug an. Ihm folgten verschiedene Gruppierungen, einschließlich der SA, der Hitlerjugend, des Bundes Deutscher Mädel, diverser Vereine und Schülergruppen.
Der historische Festzug begann mit der „Pingsterbrut“, aufgeteilt in drei Gruppen. Ihnen schloss sich eine Kindergruppe an, die einen festlichen Erntekranz präsentierte. Danach zogen Bauern, Bäuerinnen, ein Sämann und Jungbauern mit Sensen durch die Straßen. Auch Arbeiter, die geschmückte Heurechen und Getreidewagen mitführten, waren dabei. Alle präsentierten stolz den Erntekranz.
Es folgten weitere Gruppen, darunter Jungbauern mit geschmückten Erntegeräten und Frauen, die Kartoffeln lasen. Ein Brautwagen mit alten Truhen, Hausgerät und einem geschmückten Hochzeitsschinken wurde begleitet von einer Brautgabe in Form einer Kuh. Dahinter kam der Hochzeitswagen mit dem Brautpaar, Hochzeitsmusikanten und Gästen. Abschließend folgte ein Wagen, der an die traditionelle Spinnstube erinnerte, mit Spinnerinnen und Kartenspielern.
Der Festzug endete mit modernen Ackergeräten und Maschinen, die die „neue Zeit“ repräsentierten.
Die Ursprünge dieses Erntedankfestes in Erle können bis etwa 1930 zurückverfolgt werden, wobei ältere Bürger betonen, dass es vorher keine solchen Umzüge gegeben habe. Dieses Fest war jedoch eher untypisch für das katholische Münsterland, da das Erntedankfest in Preußen erst ab 1773 am ersten Sonntag nach Michaelis gefeiert wurde und das Münsterland zu dieser Zeit noch nicht preußisch war.
Die eigentliche Tradition des Erntedankfestes wurde in der Region erst ab 1933 während der Herrschaft der Nationalsozialisten eingeführt. Die Bauern wurden zu diesem Zeitpunkt im Zuge der nationalsozialistischen „Blut-und-Boden“-Propaganda in den Mittelpunkt gerückt.
Ehrentag
Es wurde ein eigener „Ehrentag“ für sie eingeführt, und der Erntedanktag wurde zum nationalen Feiertag erklärt. In den Dörfern und Kleinstädten wurden nun jährlich Erntedankfeste mit Umzügen, Festwagen, Musik, Uniformen und Trachten organisiert, wobei die NSDAP und der Reichsnährstand maßgeblich für die Organisation verantwortlich waren.
Der Erntedankumzug hat sich in Erle bis heute erhalten und findet alle vier Jahre statt. Die Chronik enthält Berichte und Bilder von den Erntedankfeiern dieser Zeit, die die Bedeutung dieses Festes in dieser Periode verdeutlichen.
Erntedankfest Erle in den 50ziger Jahren
Das Fotos aus dem Fotoarchiv der Familie Lammers aus den 50ziger Jahren zeigt Alfons Lammers (li.) und Bernhard Bleker.