Mit einer großen Parade, viel Applaus und dem Königspaar in der Kutsche hat sich das Erler Schützenfest am Sonntag von seiner festlichen Seite gezeigt. Die Schützen zogen gut gelaunt durchs Dorf, begleitet von den Erler Jägern, den Raesfelder Burgmusikanten und dem Spielmannszug Vardingholt. Bereits am Samstag wurde mit einem Gottesdienst und der Kranzniederlegung am Ehrenmal begonnen. Dort hielt Präsident Andreas Pass eine eindringliche Rede – mit Blick zurück in die Geschichte und nach vorn in die Gegenwart.

Königspaar in der Kutsche – der Festsonntag in Erle
Bei bestem Wetter zogen am Sonntagvormittag die Erler Schützen in voller Stärke durch den Ort. Angeführt wurde der Festzug vom Königspaar Robert Glombik und Eva Reidenbach, die gemeinsam mit ihren Ehrendamen Lioba Möllmann und Elisabeth Grewing sowie den Thronvertretern Philipp Krauß und Bernhard Roring in der Kutsche Platz genommen hatten.

Gregor Roring, ebenfalls Teil des Throns, war am Sonntag verhindert – aus gutem Grund: Er begleitete seine Frau bei der Geburt ihres Kindes. Präsident Andreas Pass kommentierte das augenzwinkernd mit den Worten: „Das ist auf alle Fälle ein Schützenfestkind.“
Der Umzug führte an vielen Zuschauern vorbei, unter anderem am Hof Brömmel-Wilms, wo kräftig gegrüßt und applaudiert wurde. Auch Silberkönig und Ehrenpräsident Arno Brömmel mit Königin Marianne Brand marschierten vorneweg. Musikalisch begleitet wurde der Festzug von den Erler Jägern, den Raesfelder Burgmusikanten und dem Spielmannszug Vardingholt. Anschließend ging es gemeinsam ins Festzelt.

Samstagabend: Messe und Kranzniederlegung
Der Auftakt des Festes fand bereits am Samstagabend statt. Nach der Messe, die vom Kirchenchor Erle-Raesfeld unter Leitung von Thomas Harnath musikalisch gestaltet wurde, versammelten sich Schützen und Gäste am Ehrenmal zur Kranzniederlegung.
Schützenpräsident Andreas Pass eröffnete seine Rede mit einem Dank an alle Mitwirkenden – vom Pastor Tilling bis zu den Musikerinnen und Musikern. „Es ist eine gelebte, wichtige Tradition, unser gemeinsames Schützenfest mit der heiligen Messe zu beginnen“, sagte er.

„Frieden schätzen wir nicht, solange wir ihn haben“
In seiner Rede erinnerte Pass an die Geschichte des Ortes und an die Opfer von Krieg und Gewalt – früher und heute. Er berichtete von den Reinigungsarbeiten am Ehrenmal, bei denen ihm viele Namen begegnet seien, die bis heute zur Dorfgemeinschaft gehörten.
„Frieden schätzen wir nicht, solange wir ihn haben“, betonte er. Und weiter: „Allein in der Ukraine sterben ca. 5000 Menschen pro Woche. 30 Menschen pro Stunde. Für die Toten eines einzigen Tages bräuchten wir sieben neue Gedenktafeln.“
Er erinnerte daran, dass 104 Erler im Zweiten Weltkrieg ums Leben kamen – bei damals rund 1000 Einwohnern. Jeder Zehnte sei nicht zurückgekehrt. „Was war das für eine Zeit nach dem Krieg in Erle? Wie war das Leben? Wurde gefeiert?“ fragte Pass – und ließ Raum für stille Gedanken.
„Vergessene Dinge sind schnell verloren“
Ein besonderes Detail seiner Rede galt einer alten Lampe am Ehrenmal. Lange sei überlegt worden, ob sie nach der Neugestaltung überhaupt wieder aufgestellt werden solle. Alte Fotos hätten schließlich den Ausschlag gegeben: Die Lampe gehörte zur Einweihung im Jahr 1957 dazu.
„Hätten wir sie nicht wieder angebracht, wäre ein Stück Erler Geschichte verloren gegangen – es wäre wahrscheinlich kaum jemandem aufgefallen“, sagte Pass. „Aber genau so beginnt das Vergessen.“

Mahnung, Dank und Gemeinschaft
Pass sprach auch über die politische Lage und erinnerte daran, wie schnell sich Geschichte wiederholen könne. Er warnte vor dem zunehmenden Zuspruch für rechte Parteien in Deutschland. „So ist Hitler an die Macht gekommen. Zuerst waren es nur wenige, aber schnell hatten andere Meinungen keinen Platz mehr.“
Zum Abschluss schlug er den Bogen zurück ins Heute – und zur Bedeutung von Gemeinschaft. In einer persönlichen Begegnung mit einem ukrainischen Handwerker habe er gespürt, wie fragil das eigene Leben sein könne. „Wir haben es nicht schwer“, sagte Pass. „Niemand von uns muss morgens überlegen, ob das eigene Haus noch steht. Lasst uns zusammen daran arbeiten, dass es so bleibt.“
Mit einer Schweigeminute für Verstorbene und Kranke und dem Niederlegen des Kranzes durch das Königspaar, den Bürgermeister und Jungschütze Moritz endete die Gedenkfeier – bevor das Fest im Zelt bis in die frühen Morgenstunden weiterging.

