Teambuilding – Neues vom Beobachter
Kürzlich unterhielt ich mich mit einer Dame aus dem Ort (auf’m Parkplatz vorm Edeka, da wird ja immer getratscht), die sich bitterlich darüber beklagte, dass man ihren Gatten berufsweise für drei volle Tage und zwei Nächte der ehelichen Gemeinschaft entzogen und zu einem „Weiterbildungsseminar“ verdonnert habe. Weiter-Bilden (im engeren Sinn) habe er sich sollen beim „Teambuilding“, was soviel bedeutet wie: Gruppenzusammenrottung. Als Bengel haben wir sowas mühe- und seminarlos ganz von selber hingekriegt (und sei’s auch nur, um den Jungs der Konkurrenzrotte aus der Nachbarschaft ordentlich was auf die Schnauze zu geben). Heutzutage wird man höchst professionell in sowas ausgebildet. Mittels eines „runden Tisches“. Oder sowas Ähnlichem.
Naja, soll ja sein.
Besagter Ehemann meiner Tratschpartnerin mußte also zur gewohnten Zeit an seinem Arbeitsplatz erscheinen, daselbst einen bereitstehenden Omnibus besteigen und wurde dann stundenlang bei einem scheiß-usseligen Winterwetter durch die Gegend kutschiert, nur um in einem der feineren Hotels keine zwanzig Kilometer von hier wieder ausgeladen zu werden. Dort fand dann in gehobenem Ambiente (auf Spesen, notabene) das Seminar zur „Teambuilding“ statt. Nun nur noch zweieinviertel Tage und zwei Nächte lang, denn einen dreiviertel Tag hatte man ja schon durch das sinnfreie Herumkarioltwerden im Omnibus verdaddelt.
Der Rest bestand dann aus irgendwelchen kindischen Spielchen, garniert mit hochnotpeinlichen „Power-Point Presentations“, allesamt dazu angetan, den Teilnehmern das „Touchy-Feeling“ nahezubringen, das man als professioneller Teambuildingsklempner notwendigerweise zu haben hat. Er sei darüber in verzweifelte Begeisterung ausgebrochen, sagte sie mir.
Ich kenne sowas. Während meiner beruflichen Laufbahn hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, an Dutzenden solcher gruppenhydraulischer Veranstaltungen teilnehmen zu müssen. Die Instruktoren sind dabei in der Regel verkrachte Existenzen, die allesamt (mindestens achtzehn Semester lang) Soziologie oder artverwandte Laberwissenschaften studiert, sich dann eine Dissertation aus dem Internet zusammenkopiert haben unter dem allgemeinverständlichen Titel: „Sozio-psychologische Sonogramme ökologieresistenter Politikerdarsteller aufgrund repräsentativer Wikipediaumfragen“ (oder sowas in der Art), womit sie zum Dr.rer.schwadronitica promoviert wurden.
Danach haben sie dann meist erfolglos als Taxifahrer oder Versicherungsvertreter dilettiert, bevor sie herausfanden, daß man richtig Kohle machen kann, wenn man es nur versteht, den Personalern in den Firmen zu verklickern, daß eine Teilnahme an solchen Kokolores-Seminaren sich in einer ungeheuren Nutzungserhöhung der ihnen Anbefohlenen auswirke und somit einen direkten Einfluss auf die Zahlen in der „Bottom-Line“ des Unternehmens habe. Wissenschaftlich belastbar nachgewiesen wurde dieser Blödsinn zwar ebensowenig wie der Einfluß des Kohlendioxyds auf die Erderwärmung, aber darauf kommt’s ja auch nicht an. Wenn hochgepriesene Soziologieprofessoren solcherart Schmarrn pontifizieren, dann hat das für den staunend zu ihnen aufblickensollenden Gemeinbürger das Evangelium zu sein. Basta!
Ich erinnerte mich da an eine Veranstaltung dieser Art, der ich beiwohnen durfte, während ich in einem US-amerikanischen Unternehmen beschäftigt war. Für zweihunderttausend US-Dollar (in Worten: 200 000 Dolla-la-la-la, plus Spensen – versteht sich) war ein soziologisch vorgebildeter Stuhlkreisfachverkäufer aus dem US-Staate Utah (der Kenner weiß sogleich, um welche Spezies der Gattung Homo sapiens-sapiens es sich dabei nur handeln kann) angetreten, um uns Unwissende acht Nachmittage lang über „The seven basic habits of highly efficient people“ (zu Deutsch: Die sieben grundlegenden Gewohnheiten hocheffizienter Leute) zu indorktrinieren. Mitsamt Schampus, Hummerbrötchen und Kaviarhäppchen zu den Pausenzeiten (noblesse oblige! – Aber für zwohundert Kilo-Piepen kann man ja auch schonmal was erwarten, oder?).
Drei der „seven basic habits“ hab ich geschafft, dann wurd’s mir zu blöd (obwohl ich leidenschaftlich gern Kaviarhäppchen nasche). Als dieser „Heilige der letzten Tage“ nämlich anfing, der ehrfurchstvoll und mit halb offenem Mund lauschenden Gemeinde was davon vorzufabulieren, wie frei sich doch ein menschlicher Geist zu fühlen vermag, selbst wenn der Körper aufs Übelste gefoltert würde, wenn er nur das rechte Bewußtsein verinnerlicht habe, da stieß ich mit meinem rechten Fuß ganz sachte gegen meinen unter dem Tisch stehenden Aktenkoffer, der daraufhin mit einem überlauten „Plopp“ zu Boden ging und die mucksmäuschenstille Gemeinde höchst unsanft aus dem Ehrfuchtslauschen herausholte. Somit war der vom Dozenten gewünschte Tiefgründigkeitseffekt natürlich mit einem (nämlich diesem) Schlag vollständig im (Andächtigkeits-)Eimer. Die Delinquenten schreckten hoch, lachten lauthals und für den Rest der Sitzung bewegte sich die Veranstaltung eher an der Oberfläche statt in tiefen, soziologischen Gründen.
Danach hat mich der Typ dann heimlich beiseite genommen und mich beschworen, den weiteren Seminarvorlesungen fürderhin nicht mehr beizuschlafen. Unter Tränen habe ich dem zugestimmt. Es waren Freudentränen. Und so kam es dann, daß ich bis heute kein „highly efficient people“ geworden bin. Schließlich fehlen mir von den „seven basic habits“ diejenigen mit den Nummern vier bis sieben. Ich hab’s aber überlebt. Wenn auch nur gerade so.
Im Falle des Ehemannes meiner Klönschnackpartnerin war es nun so, daß er sich im Tagesverlauf seines Seminars sein Abendessen mittels gruppenhydraulischer Gemeinschaftsaktivitäten unter Anleitung eines professoral promovierten Soziologiemechatronikers „verdienen“ mußte. Was heißen sollte: Je nachdem, wie regelkonform sich einer verhielt, bekam er zum Essen auch ein Platzdeckchen, Besteck, Geschirr und Maggi-Würze. Im Verfehlensfall aber nicht. Zur Strafe. Weil er dann beim „Teambuilding“ kläglich versagt hatte. So! Ätsch!
Falls IHNEN mal sowas blühen sollte, habe ich als erfahrener Gruppenhydrauliker einen unschlagbaren Tip für Sie. Pfeifen Sie auf das firmengesponsorte dreieinhalb Gänge Menü (inclusive Tischwein), gehen Sie stattdessen zu Mac Donald’s und knallen Sie sich einen anständigen Big-Mac und ‘ne ordentliche Portion Pommes rot-weiß hinter den Langbinderknoten. Dann brauchen Sie weder Platzdeckchen noch Besteck, Geschirr oder Maggi-Würze. Und Tischwein schmeckt nicht dazu. Dieserart haben Sie zudem das angenehme Erleben, von den Mentalmasturbationen solcher pseudogesellschaftswissenschaftlicher Pfeifenheinis verschont zu bleiben und Ihre Zeit besser nutzen zu können.
Das wäre dann das „Basic habit for highly efficient people“ Nummero acht.
Erfunden von
DeWo
(der sich zum Ziel gesetzt hat, jetzt seinem „Basic habit“ für ein „highly efficient“ Wochenende zu frönen – Pfüad’s Aich!)